Auf dem Weg zum „Net Zero Energy Building“ – Ein Testlabor für den  Arbeitsalltag

Gebäude, die im Verlauf eines Jahres nicht mehr Energie benötigen, als sie selber in diesem Zeitraum produzieren, werden als „Net Zero Energie Buildings“ (kurz: nZEB, deutsch: Netto-Null-Energie-Gebäude) bezeichnet. Dass solche Gebäude mit serienmäßig erhältlichen Produkten bereits heute gebaut werden können, wollen der Klimaanlagen- und Wärmepumpenhersteller Daikin Europe N.V. und die Zeller/Athoka GmbH aus Herten beweisen.


Dazu wird der neue Firmensitz der Zeller/Athoka GmbH wird in den kommenden zwölf Monaten als Live-Labor dienen, denn die Messungen werden während der normalen Betriebs- und Geschäftszeiten durchgeführt. Das Netto-Null-Energie-Gebäude in Herten vereint bereits etablierte erneuerbare Energiesysteme wie Wärmepumpen und Solarzellen miteinander. Die Wechselwirkung zwischen den einzelnen im Gebäude befindlichen Technologien wird analysiert. Nicht nur die Hülle und Technik, sondern auch die Wirkung des Gebäudes auf die Umwelt und die Energienetze wird untersucht. Im Mittelpunkt steht vor allem, welche Faktoren berücksichtigt werden müssen, um höchste Energieeffizienz bei gleichzeitig tragbaren Kosten zu erreichen. Die Wärmepumpentechnik ist dabei das Kernelement wirtschaftlicher Lösungen.


Dass der neue Firmensitz auf dem ehemaligen Gelände der Zeche „Ewald“ in Herten errichtet wurde, ist ein Glücksfall für alle Projektbeteiligten, der so kaum vorauszusehen war. Thorsten und Achim Zeller, die die Unternehmen der ZellerGruppe in 3. Generation führen, waren seit einigen Jahren dabei, ein bestehendes Gebäude als neuen Firmensitz zu suchen, da der alte Standort in Gelsenkirchen für das expandierende Unternehmen zu klein geworden war. Da keine angemessene Immobilie gefunden werden konnte, wurde ein Neubau angestrebt, für den dann in Herten das passende Gelände gefunden wurde. Der Neubau besteht aus einem Bürobereich, der sich mit mehr als 500 m2 über zwei Etagen erstreckt und einem Lagerbereich mit 800 m2.

Für die Grundwärmeversorgung ist eine Wärmepumpe vom Typ Altherma zuständig, die die Fußbodenheizung im Gebäude beliefert. Bei höherem Wärmebedarf bzw. bei Kältebedarf werden die VRV-Geräte zugeschaltet, die jeden Raum mit der spezifisch gewünschten Raumtemperatur ausstatten.


Die Vision von Thorsten und Achim Zeller bei der Konzipierung des Neubauobjekts war die Errichtung eines modernen Bürohauses mit ambitionierter Energiebilanz, welches als nZEB die künftigen EU-Standards erfüllt. Achim Zeller erläutert dazu: „Wir wollen am eigenen Objekt zeigen, dass sich nachhaltige (Gewerbe-)Bauten schon heute wirtschaftlich errichten lassen. Hierzu ist es wichtig, Gebäude und Technik optimal aufeinander abzustimmen. Zudem waren wir darauf bedacht, die Techniksicherheit zu maximieren. Dazu wurden ausschließlich verfügbare und bewährte Standardsysteme projektiert, die kreativ eingesetzt das Planungs- und Anwendungsrisiko minimieren. Weiterhin sind wir davon überzeugt, bei dem in dieser Form einmaligen Forschungsvorhaben wichtige Erkenntnisse zum wirtschaftlichen Bau von zukünftigen Gebäuden früher als der Rest des Marktes zu erhalten – und damit für unsere Kunden einen Kompetenzvorsprung zu erzielen.“


Frans Hoorelbeke, Chairman Daikin Europe N.V., betonte, dass „das Projekt schon heute jedermanns Büro der Zukunft zeigt“, und Dr. Uli Paetzel, Bürgermeister der Stadt Herten, ist zufrieden darüber, dass sich mit Unternehmen wie der ZellerGruppe der ehemalige Zechenstandort zum erfolgreichsten Zechennachfolgestandort im Ruhrgebiet entwickelt.

An dem Forschungsprojekt sind international renommierte Institute beteiligt: das französische Centre Technique des Industries Aérauliques et Thermiques (CETIAT), das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) und die Fraunhofer UMSICHT, die TU Dortmund sowie The University of Manchester (UK).

Dabei wird CETIAT eine Test-Evaluation des Monitoring Systems vornehmen und Messungen der Luftströme und des Luftwechsels der beiden Daikin VAM-Lüftungssysteme durchführen.

Das Fraunhofer-IBP arbeitet in zwei Bereichen mit: Zum einen, an der Bewertung des Energiekonzepts, zum anderen an der Messung des Energieverbrauchs in der Praxis, um die Frage beantworten zu können, ob wirklich ein Netto-Null-Verbrauch erreicht wird. Zudem wird die thermische Behaglichkeit ermittelt sowie ein Vergleich des tatsächlichen Nutzerverhaltens mit den einzusetzenden Standardnutzerprofilen der Bewertungsnorm DIN V 18599 vorgenommen.

Fraunhofer UMSICHT ist im Rahmen des einjährigen Monitoringprogramms für die Überwachung und Bewertung der beiden Wärmepumpensysteme Daikin VRV und Daikin Altherma zuständig, die anstelle einer klassischen Heizung das gesamte Gebäude mit Heizwärme versorgen bzw. im Sommer Kälte für die Klimatisierung liefern. Untersucht wird dabei in zwei Testräumen, die als standardmäßige Büros genutzt werden, insbesondere, wie sich mit der Kombination der beiden unabhängigen Systeme ein optimales Raumklima bei einem minimalen Energieverbrauch erreichen lässt.

Die beiden Forschungseinheiten der TU Dortmund, der Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiewirtschaft unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Rehtanz und  das Arbeitsgebiet Energieeffizienz der TU Dortmund unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Johanna Myrzik betreuen das breit aufgestellte Messprogramm in Herten bezüglich Technik, Auswertung und Kommunikation zwischen den Projektpartnern. Ihre weiteren Forschungspakete innerhalb des Projektes konzentrieren sich zum einen auf die Analyse der Photovoltaikanlage, der Analyse und Verifikation des Gesamtenergiemanagementsystems, sowie Untersuchungen zu Power Quality Aspekten. Zum anderen soll das Potential eines Demand Side Managements bezüglich des Energiemarktes und des Lastflussmanagement bei der Einbindung von Netto-Null-Energie-Häusern in zukünftige Smart Grids evaluiert werden.

Die Universität Manchester evaluiert die Möglichkeiten, die in Herten eingesetzten Techniken und Bauweisen an anderen Orten in Europa nachbauen zu lassen und wie sich das Konzept auf bestehende Gebäude übertragen lässt. Außerdem wird sie untersuchen, inwiefern Störfaktoren, wie z.B. Wärmeinseln, die Leistung und Effizienz des Gebäudes beeinflussen.

Durch die Auswertung der Ergebnisse der Studie will Daikin einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der EU-Klimaziele 2020 leisten, denn auch in Bezug auf bestehende Bürobauten soll in Zukunft von den Erkenntnissen profitiert werden.

Denn nur durch die Kombination einer wärmedämmenden Gebäudehülle mit einer hocheffizienten Wärmeerzeugung und Gebäudeklimatisierung und der Integration regenerativer Energiequellen ist ein Netto-Null-Energiestandard bei allen Neubauten bis 2020 zu erreichen. Durch den steigenden Anteil regenerativer Energiequellen im Netz wird es notwendig, diese aktiv an dem Energiemarkt sowie am Lastflussmanagement im Netz zu beteiligen. Daher ist das in Herten realisierte Netto-Null-Energie-Haus ein hervorragendes Projekt zur Erforschung und Demonstration effektiver Energiekonversionstechniken und -managementsystemen mit vorausschauender Sicht auch auf die Nutzung in zukünftigen Energieversorgungssystemen.

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