Schnelle CO2- und Energiereduktion per GA

In drei Phasen zum klimafreundlichen Gebäudebestand

Gebäudeautomationslösungen (GA) sind ein grundlegendes Instrument der klimaschutzorientierten energetischen Objektbewirtschaftung. Ihr Einsatz hat wesentlichen Einfluss auf die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und deren CO2-Emissionsbilanzen. Um das unter Optimalbedingungen theoretisch mögliche Potenzial einer GA auch in der konkreten Betriebspraxis bestmöglich ausschöpfen zu können, bedarf es nicht nur einer leistungsfähigen Versorgungstechnik. Entscheidend für eine wirksame ökonomische und ökologische Optimierung ist allem voran die Planungsqualität des digitalisierten Energiemanagements.

Intelligente Automationslösungen, die die thermische Versorgung insbesondere großer, verbrauchsintensiver Gebäude exakt nach Bedarf präzisieren, haben eine bedeutende Hebelfunktion im Transformationsprozess. Die mittels GA erzielbaren Einspareffekte beim Einsatz von Energieressourcen und dem damit verbundenen Kohlendioxid-Ausstoß können abhängig vom jeweiligen Automatisierungsgrad beachtlich ausfallen: Gemäß einer Studie von Bitkom lassen sich allein durch den forcierten Einsatz von Gebäudeautomationslösungen kurz- bis mittelfristig allein in Deutschland bis zu 14,7 Mio. t CO2-Emissionen im Gebäudesektor vermeiden. Dies entspricht fast 30 % des im Klimaschutzgesetz formulierten Reduktionsziels für den Gebäudesektor.

Effektive Lösungen gefragt

Um die Zielvorgaben des Klimaschutzplans, eine Emissionsminderung im Nicht-Emissionshandels-(ETS)-Bereich bis 2030 um 38 % gegenüber 2005 erfüllen zu können, müssen Optimierungsmaßnahmen wie die GA-Planung und -Installation schnell und praktikabel umgesetzt werden. Wie hoch der Effizienzsteigerungs- beziehungsweise der Emissionsreduktionsgrad eines automatisierten Heizung-Klima-Lüftung (HKL)-Systems im Real-Betrieb ist, hängt von einer Vielzahl objekt-, umwelt- und nutzungsspezifischer Faktoren ab, die in eine individuell angepasste Automationskonzeption und eine systematische Prozessplanung integriert werden müssen. Ein solches, ganzheitlich gedachtes Prozess-Design haben die Berliner Automationsexperten von Kieback&Peter mit dem Konzept des „CO2-Minderungsfahrplans“ entwickelt. Ihr Ziel ist die schrittweise Dekarbonisierung des Gebäudebestands im öffentlichen und gewerblichen Sektor mit einer signifikanten Zunahme von Netto-Null-Emissionsobjekten.

Dreiklang eines zukunftsfähigen Gebäudebetriebs

Der 1927 gegründete kleine Familienbetrieb Kieback&Peter galt bereits seinerzeit als Pionier im Bereich Regelungstechnik. Heute zählt das international tätige Unternehmen mit rund 1.500 Mitarbeitern weltweit zu den führenden Anbietern für ­Gebäudeautomationslösungen. Seine Kernkompetenz liegt in der Entwicklung intelligenter Digitalisierungs- und ­Vernetzungskonzepte, die ein sicherheitsorientiertes, umweltverträgliches und zugleich werterhaltendes Objektmanagement ermöglichen. Um eine synergetische Verzahnung von technischem Gebäudebetrieb und Energieversorgung zu erzielen, brachte Kieback&Peter 2016 mit der Analyse- und Visualisierungssoftware „Qanteon“ ein hochleistungsfähiges Building Energy Management System (BEMS) auf den Markt. Es ist das Schlüsselinstrument für eine optimierte HKL-Anlagenführung, wie sie der CO2-Minderungsfahrplan, auch Klima-Code 3-3-0 genannt, vorsieht: drei Schritte, drei Monate, ein Klimaziel: Netto-Null. Der CO2-Minderungsfahrplan dient damit als phasenübergreifendes Lösungspaket, das eine Reduzierung von CO2-Gebäudeemissionen innerhalb kurzer Zeit und mit hoher Effektivität realisieren kann und einen schnellen Return on Investment (ROI) ermöglicht.

Aufbau des Klima-Codes

Unabhängig von der Art der Objektnutzung – ob als Gebäudebestände der Immobilienwirtschaft, Bürogebäude, Industriepark, Gesundheits- oder Bildungseinrichtung ist die Grundfunktion des Klima-Code-Konzepts stets identisch. Es macht die Komplexität im Betrieb von Gebäudebeständen mittels bedarfsoptimierter Planung und softwarebasierter Prozess-Steuerung beherrschbar und schafft die Voraussetzungen dafür, dass integrierte HKL-Systeme im Optimum arbeiten können. Der Automationsgrad und sein Funktionsumfang ist je nach Zieldefinition für das individuelle Objekt in drei Kategorien wählbar. Möglich ist:

eine halbautomatisierte Erfassung im Energiemanagementsystem per App,

eine automatisierte Verbrauchserfassung mit Echtzeit-Datenmonitoring und Analyse mit Standard-Reportings,

eine volldigitalisierte BEMS-Vernetzung aller integrierter HKL-Anlagen mit 360-Grad-Management.

Auf Basis eines Echtzeit-Monitorings erfasst die Software „Qanteon“ sowohl Anlagen- als auch Energiedaten und wertet sie kontinuierlich aus. Auf diese Weise können effizienzmindernde Faktoren zuverlässig erkannt und Einsparpotenziale im Gebäudebetrieb ermittelt werden. Mittels integrierter Anlagensteuerung sind regulierende Eingriffe direkt und mit hoher Präzision umsetzbar. Auch prognosefähige Technologien, wie die prädiktive Regelung, die über Schnittstellen Wetterprognosen oder Energiepreise in die Regelstrategie einbezieht, können die Effizienzausschöpfung im Gebäudeenergiemanagement zusätzlich erhöhen.

Objekt- und nutzungsorientierte Automationsplanung

Prozessual umfasst der CO2-Minderungsfahrplan drei zentrale Bausteine: die Bestandsanalyse, das technische Konzept sowie die faktische CO2-Minderung durch Anpassung und Optimierung, die ihrerseits jeweils drei zugeordnete Prozessschritte beinhalten. Die neun Module bilden die grundlegenden Parameter für eine objekt- und nutzungsorientierte Beratung und Konzepterstellung:

Im ersten Schritt des CO2-Minderungsfahrplans erfolgt eine fundamentale Datenerhebung zur Bestimmung des aktuellen energetischen Ist-Zustandes. Die Informationserfassung gibt Aufschluss über die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Verbrauchsgrößen, Betriebskosten und Emissionsbilanzen. Diese Ausgangsdatenlage wird den ausgearbeiteten Klimazielen des Unternehmens anhand von Kennzahlen zur CO2-Senkung gegenübergestellt. Einbezogen werden dabei auch die Wechselwirkungen mit betriebswirtschaftlichen Zielen sowie die Prüfung infrage kommender Finanzierungswege (Förderungen, Verteilung der Investitionskosten, etc.). Aus diesen Erstbetrachtungen lässt sich bereits ableiten, welche konkreten Maßnahmen zur Optimierung des Energiemanagements im betreffenden Objekt zielführend sind und wie hoch die zu erwartenden realistischen CO2-Einsparungen ausfallen werden.

In Schritt zwei folgt die Entwicklung eines objektspezifischen, kundenindividuellen technischen und kaufmännischen Konzepts. Von dem ermittelten energetischen Ist-Zustand ausgehend, erstellen die Planungsexperten eine CO2-Baseline, auf der die Projektetappen bis hin zum maximalen Endeinsparziel festgelegt werden. Grundlage hierfür bildet eine detaillierte Analyse aller relevanten Einflussfaktoren auf den Energiehaushalt im Objekt, darunter die Gebäudetechnik, die Anlagensubstanz und die Hydraulikqualität, aber auch die Nutzungsbedingungen sowie Umwelteinwirkungen. Bei der Durchleuchtung der energetischen Infrastruktur werden alle Anlagenkomponenten auf der Erzeugerseite, den Übergabeebenen und der Verteilperipherie erfasst und in eine hydraulische Skizze überführt. Als Voraussetzung für die digitale Vernetzung sämtlicher Energieanlagen, Sensoren und Informationsquellen werden Internetverbindungen und Montagepunkte integriert und zusätzliche Verbrauchserfassungszähler (Wärmemengenzähler und Stromunterzähler) verbaut. Die Grenzwertüberwachung, die Steuerung und Regelung selbst erfolgen über DDC-Controller. Nach der Erfassung des Anlagenbestands und dem Aufbau eines technischen Optimierungsplans wird der zweite Konzeptschritt mit dem gemeinsamen Festlegen der Reporting-Kennzahlen und ihrer Grenzwerte abgeschlossen.

Das letzte Drittel des CO2-Minderungsfahrplans gliedert sich in drei Prozesseinheiten, die Echtzeit-Messungen, die Betriebsführung und das CO2-Monitoring. Auf Grundlage der Echtzeit-Erfassung und -Auswertung sämtlicher Parameter lassen sich nach kurzer Zeit Aussagen zum realen Wirkungsgrad der vernetzten HLK-Anlagentechnik ableiten. Die lückenlose automatisierte Überwachung ermöglicht es, dass zu jeder Zeit Energiebedarfsgrößen ermittelt und mit den jeweils vorliegenden Zielerreichungsgraden abgeglichen werden können. Im Falle von Abweichungen lassen sich Anpassungsmaßnahmen unmittelbar ohne Zeitverzögerung vornehmen. Gleichzeit dient das CO2-Monitoring auch als Instrument für den langfristig optimierten Dauerbetrieb der HKL-Anlagen, da es Aufschluss darüber gibt, an welchen Stellen und durch welche Adaptionen der Energieverbrauch und damit der CO2-Ausstoß konstant reduziert werden kann. Letztlich lassen sich die Nennleistungen der Wärmeversorgung im Echtbetrieb ermitteln, um für eine spätere Austauschkampagne mit Alternativ-Versorgungen (Wärmepumpen) den realen Leistungsbedarf gemäß Langzeit-Monitoring festlegen zu können.

Praxistransfer: Fahrplan für eine Wohnungsbaugenossenschaft

Transformation braucht Tempo. Anders als viele etablierte Klimaschutzmaßnahmen, die nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels und spezifischer Lieferengpässe hohe Zeitressourcen erfordern, weist der CO2-Minderungsfahrplan eine schnelle und spürbare Wirksamkeit auf. Bereits nach drei Monaten sind erste deutliche Einsparungen beim Primärenergieeinsatz und den damit verbundenen Kohlendioxid-Emissionen nachweisbar. Seit 2022 kommt der Klimacode von Kieback&Peter auch bei Bestandsbauten aus der Nachkriegszeit der Gifhorner Wohnungsbau Genossenschaft eG (GWG), die zusätzlich auch energetisch saniert werden, zur Anwendung. Ihr definiertes Reduktionsziel liegt bei einer etwa 20-prozentigen Wärmeenergie-Einsparung und einer entsprechenden CO2-Emissionsminderung. Die im ersten Schritt erfolgte Bestandsaufnahme ergab einen Gesamtwärmeverbrauch von 14.634.000 kWh und einen CO2-Ausstoß von 2.922 t im Jahr 2021. Auf Basis des Ziels von 600 t CO2 weniger pro Jahr errechneten die Experten relevante Leistungskennzahlen (EnPi - Energie Performance Indicator), darunter einen CO2-Ausstoß pro m²/Jahr von 26,6 kg.

Für die objektorientierte Planung und Umsetzung des späteren technischen Konzepts wurden zunächst die Anlagen und Komponenten (aktuell 80 von 105) der gesamten energetischen Infrastruktur erfasst. Hierzu zählten Gaskessel, Pumpen, Gas- und Stromzähler, etc. Anhand des ermittelten Bestands ließen sich Schwachstellen feststellen sowie Bestandsoptimierungen und Versorgungsalternativen mit dem Ziel, einen maximal effizient arbeitenden, vernetzten Systemverbund aufzubauen. Resultat dieser Konzeptionierung ist heute eine bivalente Versorgungseinheit, bestehend aus Erd- und Luft-Wärmepumpen sowie einem gasbefeuerten Heizkessel zur Spitzlastabdeckung.

Die für das Monitoring und Energiecontrolling benötigen Echtzeitdaten liefern neu installierte Sensoren, Aktoren und Controller. Sie werden mittels der Software „Qanteon“ analysiert, ausgewertet und visualisiert und mit den gemeinsam festgelegten Reporting-Kennzahlen der Wohnungsbaugenossenschaft abgeglichen. Durch Monitoring und Fernzugriff ist eine präzise und kontinuierliche Kontrolle der Zielerreichungsgrade jederzeit problemlos möglich. In der Betriebspraxis lassen sich so beispielsweise Vorlauftemperaturen, Absenkzeiten und Wirkungsgrade der installierten Heizanlagen, insbesondere der nicht prioritär angesteuerten Heizkessel orts- und zeitungebunden überwachen.

Fazit

Bei der energetischen Bewirtschaftung von (Groß-)Objekten gesellen sich zu einer weiter zunehmenden technischen Komplexität neue, ehrgeizige Anforderungen an die Umwelt- und Klimaverträglichkeit. Ressourceneinsparung und Emissionsreduktion zählen heute zu den zentralen Kenngrößen zukunftsfähiger Energie-Konzepte. Intelligente Gebäudeautomationslösungen können hier einen unmittelbaren und effektiven Beitrag leisten: Allein durch die Effizienzoptimierung eines HKL-Anlagenbetriebs mittels Digitalisierung und Automatisierung lassen sich in kurzer Zeit Einsparungen von 20 bis 25 % generieren. Die neu gewonnenen Erkenntnisse über den tatsächlichen laufenden Energieverbrauch ermöglichen der jeweiligen Einkaufsabteilung eine bessere Planung und gezielte Kostenoptimierung in der Beschaffung von Energie. Die Gebäudeautomation zählt damit zu den zielführenden technischen Klimaschutzmaßnahmen, die Fragen der Ökonomie, Ökologie und der gesellschaftlichen Verantwortung im öffentlichen und gewerblichen Gebäudemanagement in weiten Teilen harmonisieren kann.

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