Wälderhaus der IBA in Hamburg

Flachdach für ein „Nachhaltigkeitsgebäude“

„Ich glaub, ich steh im Wald!“ – das hat sich wohl so mancher Besucher im Wälderhaus Hamburg gedacht. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) als Bauherr bot mit dem Wälderhaus ein Exzellenzprojekt der Internationalen Bauausstellung IBA, die im Oktober 2013 endete, und zeigte die Zusammenhänge von Wald, Umwelt und Nachhaltigkeit auf.

Eine effiziente Wärmedämmung und ein Wald auf dem Dach waren zwei Herausforderungen, die es für die Flachdachexperten der Vedag GmbH beim Thema Flachdach für das Wälderhaus im Rahmen der IBA in Hamburg zu lösen galt. Das Thema Wald und Holz wird inner- und außerhalb des fünfstöckigen Gebäudes auf gut 6000 m² Grundfläche präsentiert. Ein optisches Highlight ist dabei die Holzfassade aus einer polygonalen Lärchenholzstülpschalung. Das zertifizierte Lärchenholz ist unbehandelt und stammt aus nachhaltiger Forstwirtschaft im Sauer- und Siegerland. Die Fassade bietet Lebensraum für Pflanzen sowie Nistplätze für Vögel und Insekten. Diese werden sich auch auf dem begrünten Dach wohlfühlen. Insgesamt wachsen auf den Gründächern 9.000 Büsche und 500 Bäume. Highlight ist eine Attika, über die Grünpflanzen die Gebäudefassade herunterwachsen können.

 

Auf Energiepfählen gegründet

Das Wälderhaus steht auf 128 Bohrpfählen, von denen 94 aktivierte Energiepfähle für Geothermie sind. Die ersten beiden Stockwerke sind aus Brandschutzgründen in Stahlbetonweise errichtet, die allerdings komplett mit Holz verkleidet sind. Hier finden sich das Science Center Wald und das Forum Wald mit insgesamt 650 m² Ausstellungsfläche und zusätzlichen Veranstaltungs- und Seminarräumen. 2000 Fundstücke aus dem Wald, 200 Hölzer in der Holzbibliothek, 40 präparierte Waldtiere und 32 Bäume aus dem Hamburger Forstrevier Hausbruch sind innerhalb des Gebäudes zu bewundern. Die oberen drei Stockwerke des Gebäudes sind in Massivholzbauweise entstanden und erfüllen Passivhausstandards. Hier können Besucher im Restaurant „Wilhelms“ frische, regionale Küche genießen und im Raphael Hotel übernachten.

 

Dachaufbau mit Besonderheiten

Die Spezialisten des Dachabdichtungs-Herstellers Vedag GmbH haben das Projekt, welches das Hamburger Architekturbüro Andreas Heller Architects & Designers entworfen hat, von Beginn an begleitet. Die hohen  energetischen Anforderungen an das Gebäude, die spezielle Geometrie sowie die Zusatznutzung des begrünten Flachdaches stellten dabei die größten Herausforderungen dar.

Der Dachaufbau erfolgte auf einer Holzwerkstoffplatte. Über diese wurde eine nageldurchreiß- und durchtrittsfeste Elastomer-Bitumen-Dampfsperre („Vedagard Multi SK-Plus“) angebracht. Ein EPS-Hochleistungsdämmstoff („LambdaRoof“) sorgt für die überdurchschnittliche Wärmedämmung. Darüber ist eine zweilagige Dachabdichtung für begrünte Dächer verlegt worden. Als Unterlagsbahn kamen eine kaltselbstklebende Elastomer-Bitumenbahn („Vedatop SU“) in der Fläche sowie eine Flex-Elastomer-Bitumenschweißbahn („Vedaflex G4E“) an den Anschlüssen zum Einsatz. Als Oberlage ist eine durchwurzelungsfeste Elastomer-Bitumenschweißbahn („Vedaflor WS-X“) speziell für Gründächer verwendet worden. „Das ist grundsätzlich ein Standardaufbau aus hochwertigen Materialien. Die Besonderheiten lagen dabei in der Geometrie des Gebäudes, welches rechte Winkel vermeidet sowie in den hohen Anforderungen an den Dämmstoff“, erläutert der zuständige Vedag Gebietsmanager Wolfgang Bross.

 

Gebäudetechnik unter der Dämmung

Hinzu kommt, dass die komplette Gebäudetechnik unter der Wärmedämmung auf dem Dach verlegt ist. „Normalerweise wird die Gebäudetechnik innerhalb des Gebäudes unter der Decke verlegt. Aufgrund der Holzverschalung innen, die hiervon freigehalten werden sollte, entschieden sich die Architekten für die Außenlösung“, erklärt Marcus Koenig vom ausführenden Dachbauunternehmen Drefers Dachbau GmbH. So entstand in der Mitte des Daches ein 2 m breiter Rohrschacht, in dem die Rohrleitungen nach unten gestützt befestigt wurden.

 

Wärmedämmung und Regenwassernutzung

Die Nachhaltigkeitsziele der Architekten waren hoch: Der angestrebte Primärenergiebedarf liegt 50 %, der Transmissionswärmeverlust 30 % unter EnEV 2009. Die Gründachkonstruktion ermöglicht die Nutzung des Regenwassers zur Kühlung und passiven Bewässerung. Durch die Verdunstungskühle wird zudem der Ertrag der Photovoltaikanlage auf dem Dach gesteigert.

Der angestrebte Transmissionswärmeverlust ließ sich auf dem Dach nur durch den Einsatz eines Hochleistungsdämmstoff aus EPS-Material erreichen. Zum Einsatz kamen „Vedag LambdaRoof WLG031“-Wärmedämmplatten, die Gefälle- und Wärmedämmung in einem Produkt bieten. Diesen hochleistungsfähigen Dämmstoff hat der Rohstofflieferant BASF speziell für solch hohe Anforderungen entwickelt.

„Das EPS-Material ist in der Ökoeffizienzanalyse 20 % besser als herkömmliches Styropor. Darüber hinaus setzen wir dem Rohstoff kleine Graphitteilchen hinzu, welche die Wärmestrahlung reflektieren. So können die Wärmeplatten auch bei hoher Leistung sehr dünn sein.“, erklärt Anwendungsexperte Roland Streng vom Rohstofflieferanten BASF.

 

Hochwertiger Untergrund für Dachaufbauten

In punkto Dachaufbau stellten die Fachleute von Drefers Dachbau nicht nur die Erstbegrünung, sondern auch die Vorarbeiten für die Photovoltaikanlage sicher. Da diese in Kombination mit den 9500 Büschen und Bäumen eine hohe Nutzung und auch Begehung des Daches darstellt, wurde bei der Oberlagsbahn eine äußerst robuste, langlebige und durchwurzelungsfeste Elastomerbitumen-Schweißbahn („Vedaflor WS-X“) verwendet. Gegenüber genormten Standardprodukten gewährleistet die Oberlagsbahn eine erhöhte Alterungsbeständigkeit, eine hohe Rissüberbrückungsfähigkeit und dauerhafte Flexibilität.

„Um  die Langlebigkeit nicht zu gefährden und keine Schwachstellen zu schaffen, wurde das Gerüst für die Photovoltaikanlage nicht verbohrt. Stattdessen kamen Tellerfüße zum Einsatz, die durch die Auflast der Bepflanzung gehalten werden“, erklärt Marcus Koenig.

 

Einen weiteren Beitrag zum Wälderhaus in Hamburg lesen Sie in der Ausgabe „Brandschutz 2/2013“, das Sie als Abonnent der tab als Supplement vorliegen haben, auf Seite 44 unter dem Titel „Multifunktionsgebäude aus Holz“. Hier geht es zur digitalen Ausgabe vonBrandschutz 2/2013 ".


x