Ausblick auf die F-Gase-Verordnung

Inhalte zur novellierten Verordnung stehen fest

Mehr als 18 Monate ist es mittlerweile her, dass die EU-Kommission ihren Entwurf für die Novellierung der F-Gase-Verordnung vorgelegt hat. Seitdem wurde auf europäischer Ebene viel diskutiert und verhandelt, argumentiert und gestritten. Seit Ende Januar liegt der vom EU-Rat und -Parlament verabschiedete Verordnungstext vor. Am 11. März tritt die novellierte F-Gase-Verordnung in Kraft. Auch wenn noch einige Passagen Fragen aufwerfen, kann die Branche jetzt verbindlich für die Zukunft planen. Was kommt auf die Branche zu?

„Es hätte schlimmer kommen können.“ Mit diesen oder vergleichbaren Worten fassen viele Vertreter der Kälte- und Klimabranche derzeit die novellierte F-Gase-Verordnung zusammen. Im Vergleich zu den ursprünglichen, teils praxisfernen Forderungen des im EU-Parlament für die F-Gase-Verordnung zuständigen Umweltausschusses (ENVI) liest sich der nun vorliegende Kompromissvorschlag von EU-Rat und -Parlament nämlich deutlich moderater – anspruchsvoll wird die Umsetzung trotzdem werden.


Bild: Clipdealer

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Mit der novellierten F-Gase-Verordnung können (und müssen) Betreiber, Planer, Anlagenbauer und Hersteller jedenfalls endlich verbindlich für die kälte- und klimatechnische Zukunft planen, in der in den kommenden Jahren die Verwendung von fluorierten Kältemitteln kontinuierlich eingeschränkt und je nach Anwendung gänzlich untersagt werden wird. Lange genug hatte es auf jeden Fall gedauert, bis sich die europäischen Akteure in den Trilog-Verhandlungen einigen konnten. Ursprünglich war geplant gewesen, die Verhandlungen noch unter schwedischer Ratspräsidentschaft bis Ende Juni abschließen zu können. Doch die Meinungsunterschiede waren so groß, dass über die Sommerpause hinweg verhandelt werden musste. Erst am 5. Oktober konnte sich dann die spanische Ratspräsidentschaft über eine Einigung freuen. Dem im Trilog verabschiedeten Text wurde im Januar vom EU-Parlament und -Rat zugestimmt. Nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt tritt die Verordnung 20 Tage später in Kraft. Es herrscht also Planungssicherheit.

Der Phase-down

Rückgrat der bisherigen und auch der novellierten F-Gase-Verordnung ist der Phase-down – also die schrittweise Reduzierung der Gesamtmenge an HFKW-Kältemitteln, die in der EU jährlich neu auf den Markt gebracht werden darf. Die Verknappung und damit einhergehende Verteuerung soll Betreiber dazu veranlassen (und tut dies auch), bei Neuinstallationen und Umrüstungen nach Möglichkeit auf nicht-fluorierte Kältemittel wie Propan, Kohlendioxid oder Ammoniak bzw. fluorierte Kältemittel mit einem möglichst niedrigen GWP-Wert (= Global Warming Potential = Treibhauseffekt) zu setzen.

Die novellierte Verordnung erhöht diesen Druck noch einmal durch einen steileren Phase-down. 2025 stehen noch rund 42,8 Mio. t CO2-Äquivalente zur Verfügung. Zum Vergleich: 2023 waren es etwa 68 Mio. t. Der Anteil für die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche reduziert sich jedoch 2025 noch einmal zusätzlich um 8 - 10 Mio. t, weil dann auch die Menge an F-Gasen, die in medizinischen Dosiersprays als Treibmittel verwendet werden (MDI), in die Quote eingerechnet wird. 2025 halbiert sich also die Menge im Vergleich zu 2023, drei Jahre später ein weiteres Mal usw. (s. Tabelle 1). Engpässe – vor allem bei Hoch-GWP-Kältemitteln – sind also zu erwarten.

2050 geht die Quote auf null zurück – aus dem Phase-down wird also ein Phase-out. Im Jahr 2040 soll aber noch einmal überprüft werden, ob der Phase-down realistischerweise so eingehalten werden kann. Ggf. wird also noch einmal etwas angepasst werden. Darauf vertrauen sollte man aber nicht.

Service und Wartung

Nicht nur der Phase-down, sondern auch Verwendungsverbote schränken die Verfügbarkeit von Kältemitteln für Service und Wartung ein. Bei Kälteanlagen darf hierfür ab 2025 kein Kältemittel mehr mit einem GWP über 2.500 als Frischware verwendet werden, ab 2032 gilt für Frischware GWP 750 als maximal erlaubte Obergrenze. Recyceltes und wiederaufbereitetes Kältemittel ist hiervon ausgenommen – mit einer Einschränkung: Mit einem GWP über 2.500 darf es für Servicezwecke nur noch bis 2030 eingesetzt werden. Danach ist endgültig Schluss.

Bei Klimaanlagen und Wärmepumpen gelten andere Grenzwerte für Service und Wartung. Der Einsatz von Kältemitteln mit einem GWP über 2.500 ist bei diesen Anwendungen ab 2026 als Frischware verboten. Recyceltes und wiederaufbereitetes Kältemittel mit einem GWP über 2.500 darf noch bis 2032 eingesetzt werden.

Die genannten Verwendungsverbote könnten vor allem bei dem in der Gewerbekälte weit verbreiteten Hoch-GWP-Kältemittel R404A (GWP 3920) zu Engpässen führen. Eine R404A-Kälteanlage könnte bei einem ungewollten Kältemittelverlust durch eine Leckage aufgrund der Nichtverfügbarkeit des Kältemittels ggf. nicht mehr wiederbefüllt und in Betrieb genommen werden, bzw. ab 2030 wäre dies selbst mit wiederaufbereitetem Kältemittel verboten. Der Druck auf Betreiber, diese Anlagen möglichst bald auszutauschen, wächst daher deutlich.

Ausnahmen

Eine Hintertür hält sich die F-Gase-Verordnung hier noch offen: Sollte es zu einem Mangel an recyceltem/wiederaufbereitetem Kältemittel kommen, kann die Kommission auf Antrag eines Mitgliedsstaates für die Service-/Wartungsverbote eine Ausnahmeregelung für max. vier Jahre erteilen. Ob ein betroffener Betreiber von dieser Ausnahmeregelung tatsächlich profitieren kann und wird, sei jedoch dahingestellt. Ein Kältemittelverlust wird schließlich nicht langfristig geplant, sondern tritt unverhofft ein und muss umgehend behoben werden. Wenn dann erst ein Antrag gestellt und bewilligt werden muss, ist es mit Sicherheit zu spät für die auf die Kälteanlage angewiesenen Prozesse.

Ersatzteile weiter einsetzbar

Das Inverkehrbringen von Teilen, die für die Reparatur und Wartung bestehender Anlagen erforderlich sind, ist übrigens dauerhaft zulässig – eine wichtige Botschaft für alle Betreiber von Bestandsanlagen. Die Reparatur darf dabei jedoch nicht zu einer Erhöhung der in der Anlage enthaltenen Menge an F-Gasen führen. Und es ist keine Änderung des verwendeten F-Gases erlaubt, wenn dies zu einer Erhöhung des GWP-Werts des Kältemittels führt.

Verwendungsverbote für Neuanlagen

Die novellierte F-Gase-Verordnung macht im Annex IV eine ganze Reihe an Vorgaben, welche Kältemittel bei Neuinstallationen in den Anlagen noch verwendet werden dürfen. Die noch maximal erlauben GWP-Werte sind in Tabelle 2 aufgelistet.

Für die mit Stern gekennzeichneten Verbote gibt es Ausnahmeregelungen, sofern Sicherheitsvorschriften („safety requirements“) dem Einsatz von brennbaren (z. B. Propan) bzw. toxischen Kältemitteln (z. B. Ammoniak) entgegenstehen. So könnten z. B. sicherheitstechnische Vorgaben aus der EN 378 dazu führen, dass weiterhin F-Gase verwendet werden dürfen. In diesem Zusammenhang gibt es allerdings noch eine Reihe von offenen Fragen, die im Verordnungstext noch nicht eindeutig formuliert werden:

Dürfen dies Planer oder Anlagenbauer im konkreten Einzelfall autark entscheiden?

Muss hier eine Behörde (und falls ja, welche?) oder ein Brandschutzsachverständiger die Erlaubnis erteilen?

Kann der Betreiber der Anlage ggf. selbst besondere Sicherheitsanforderungen an seinem Standort geltend machen?

Die Fragen wurden der EU-Kommission und auf nationaler Ebene dem Bundesumweltministerium bereits übermittelt. Die Antworten stehen noch aus.

Spätestens 2030 muss die EU-Kommission einen Bericht über die Auswirkungen der F-Gase-Verordnung vorlegen und darin bewerten, ob kostengünstige, technisch machbare, energieeffiziente, ausreichend verfügbare und zuverlässige Alternativen zu Anlagen mit F-Gasen existieren, die die Verbote in Annex IV möglich machen. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Komplettverboten von F-Gasen bei Wärmepumpen und Klimaanlagen.

Aber schon zuvor kann die Kommission auf Antrag eines Mitgliedsstaates Ausnahmeregelungen von den Verboten erteilen, wenn nachgewiesen wird, dass keine technischen Alternativen bestehen oder unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen würden. Ab wann Kosten „unverhältnismäßig“ sind, wird jedoch nicht weiter erläutert.

Weitere Aspekte der Verordnung

Sämtliche Details der 180-seitigen novellierten F-Gase-Verordnung vorzustellen, würde den Rahmen dieses Beitrags deutlich sprengen. Einige weitere Aspekte nachfolgend daher nur in Kurzform, andere wurden ganz ausgeklammert – die selbständige Lektüre des Verordnungstextes ist daher angeraten.

Dichtheitskontrollen

Die Anforderungen und Intervalle (abhängig von den Kältemittelfüllmengen) für Dichtheitskontrollen bleiben bestehen, wie in der bisherigen F-Gase-Verordnung beschrieben. Neu ist jedoch, dass auch Anlagen mit Kältemitteln in Annex II (Teil 1) – das sind die HFO-Kältemittel wie z. B. R1234yf oder R1234ze – künftig auf Dichtheit kontrolliert werden müssen, wenn sie mehr als 1 kg Füllmenge enthalten. Es gelten folgende Vorgaben für die Intervalle bei HFO-Kältemitteln:

< 10 kg Füllmenge: jährlich bzw. zweijährlich (mit Leckageerkennungssystem).

10 - 100 kg Füllmenge: halbjährlich bzw. jährlich (mit Leckageerkennungssystem).

> 100 kg Füllmenge: vierteljährlich bzw. halbjährlich (mit Leckageerkennungssystem).

Erfolgskontrolle der Reparatur

Im Falle einer reparierten Leckage muss der Erfolg der Reparatur binnen eines Monats überprüft werden. Das stand auch schon so in der derzeitigen F-Gase-Verordnung. Neu ist jetzt, dass erst 24 Stunden nach Ausführung der Reparatur der Erfolg der Reparatur überprüft werden darf. Die gängige Praxis, diese Überprüfung nach einer kurzen Pause im Rahmen einer einzigen Anfahrt beim Kunden durchzuführen, ist künftig nicht mehr möglich.

Zertifizierung und Training

Die neue F-Gase-Verordnung ist in deutscher Fassung einzusehen über den QR-Code.

Die neue F-Gase-Verordnung ist in deutscher Fassung einzusehen über den QR-Code.
Wer mit F-Gasen arbeitet, benötigt wie bisher auch eine entsprechende Zertifizierung. Bestehende Zertifikate bleiben dabei gültig. Neu hinzugekommen ist die Anforderung, dass auch Personen, die mit natürlichen Kältemitteln arbeiten, künftig eine Zertifizierung benötigen. Details zu Trainingsinhalten und Umfang der Zertifizierung sind jedoch noch unklar und sollen auf nationaler Ebene von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Neu ist zudem, dass auch Personen, die im Besitz eines gültigen Zertifikats sind, an Auffrischungslehrgängen teilnehmen müssen – spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung und im Weiteren alle sieben Jahre.

Die neue F-Gase-Verordnung tritt am 11. März in Kraft und ist in deutscher Fassung einzusehen unter dem Link www.t1p.de/tab-01-24-F-Gase-VOd bzw. nebenstehenden QR-Code.

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