Wie wir in Zukunft heizen werden

Baustandard 2020 als Ziel

Das europäische Parlament hat im April 2009 die Weichen in Richtung Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern gestellt. Neue Häuser sollen ab 2019 mit Hilfe erneuerbarer Energie als Nullenergiehäuser ausgeführt werden. Das heißt, dass soviel regenerative Energie vor Ort erzeugt werden muss, wie das Haus verbraucht.

Die geltende EU-Gebäuderichtlinie aus dem Jahr 2002 soll entsprechend nachgebessert werden. In der Zwischenzeit sind die EU-Mitgliedsländer angehalten, ihre nationalen Baustandards so anpassen, dass mehr „Netto-Nullenergiegebäude“ gebaut werden. Damit soll allein im Neubaubereich eine EU-weite Energieeinsparung von bis zu 6 % und eine Reduzierung der CO2-Emission um bis zu 5 % pro Jahr erreicht werden.

 

Wohnen in der Zukunft

Die Sonnenkraft GmbH, Anbieter von Solarsystemen aus Regensburg, will mit dem „Haus der Zukunft“ zeigen, wie der Baustandard der Zukunft preiswert mit am Markt verfügbaren Produkten umgesetzt werden kann, und das bei gleichzeitig maximalem Wohnkomfort. Diese Überlegungen führten zu drei Thesen, die den Rahmen des Projektes bildeten:

1. Wohnraum muss lebenswert sein und sich dem Nutzer anpassen. Die Räume sollen sich leicht auf geänderte Nutzungsbedingungen umstellen lassen.

2. Die Gebäudetechnik, -steuerung und -konstruktion soll sich mit der Architektur zu einem homogenen Ganzen verbinden. Die Technik muss einfach auf dem neusten Stand gehalten werden können.

3. Energiebilanz: Das Haus soll die benötigte Energie selbst erzeugen. Die ressourcenschonende, ökologische nachhaltige Bauweise soll auf baubiologischen Stoffen mit geringem Primärenergiebedarf basieren.

Gemeinsam mit dem ortsansässigen Architekten Stephan Fabi, dem Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme (ISE) Freiburg und dem Fachbereich Architektur der Hochschule Regensburg wurde aus den Vorgaben ein Konzept für das Solaraktivhaus mit 175 m2 Wohnfläche entwickelt.

Bei einer Umfrage zum modernen Wohnen wurde zudem ein Keller als fast unverzichtbar eingeschätzt, ebenso ein Gästebad.


Vom Zweck zur Form

Die Form des Gebäudes mit der auffälligen polygonalen Dachkon­struktion ähnelt einem Kristall, der das Sonnenlicht einfängt. Die Fassaden folgen dem Verlauf der Sonne entlang der Tages- und Jahreszeit. Für die Nutzung der Sonnenenergie sind die Orientierung der Flächen, die Strahlungsintensität und die Sonnenscheindauer besonders bedeutsam. Die Winkel von Dach und Wänden wurden exakt auf die Sonneneinstrahlung abgestimmt, sie werden beispielsweise in Richtung Südwesten steiler und passen sich der Sonne an. Durch die aktive Ausrichtung kann die Solarenergie auch bei weniger günstig gelegenen Grundstücken optimal ausgenutzt werden.

Wohnqualität

Das Haus soll sich an die Bedürfnisse der Menschen anpassen, damit sich die Bewohner wohlfühlen. „Aus diesem Grund setzen wir, obwohl es energetisch eigentlich nicht effizient ist, großflächige Parallelschiebetüren ein, die sich weit öffnen lassen“, erklärt Markus Staudigl, Projektleiter bei Sonnenkraft, „ein klares Zugeständnis an die Wohnqualität. Der Schwerpunkt soll nicht nur auf der reinen Nützlichkeit liegen.“ Durch die komplette Verglasung der offenen Hauptaufenthaltsräume Wohnen-Kochen-Essen verschmelzen Innen- und Außenraum. Die Velux-Dachfenster sowie die Velfac-Wendefenster und -Schiebetüren sind energetisch optimiert, der Rahmen-Glasanteil wurde exakt berechnet. Das Gebäude wird barrierefrei erschlossen, u. a. mit schwellenfreien Übergängen zum Außenbereich, um die flexible Nutzung und maximale Bewegungsfreiheit zu ermöglichen.


Energiekonzept der Zukunft

Die Haustechnik im Solaraktiv­haus besteht aus den Kompo­nen­ten ­Solarthermie, Photovol­taik, Wärme­pumpe, Erdwärmetauscher, kon­trollierte Wohnraumlüftung und Fußbodenheizung. Zur Gartenbewässerung und für die WC-Spülung wird Regenwasser aus einer Zisterne benutzt. Eine kompakte EIB-gesteuerte Haustechnik regelt die passive Nutzung der Sonnenenergie im Winter von Süden und Westen sowie die automatische Be­schat­tung der Südglasflächen im Sommer. Die mechanische Quer­durchlüftung vom Unterge­schoss bis zum Dach sorgt für einen optimalen Luftaustausch. Auf dem Dach wurden 55 m2 Photovoltaik-Module zur Strom­er­zeugung sowie 35 m2 Solar­ther­mie-Kollektoren zur Wär­me­erzeugung montiert und im „Solar Compleet“-Komplett­hei­zungs­system der Sonnenkraft GmbH zusammengeführt. Die xnet-Flächenheizung/ -Kühlung von Kermi bildet die ideale Ergänzung für die Wärmerzeugung mit Solarthermie und Wärmepumpe. Geringste Vorlauftemperaturen rei­chen aus, um angenehme Wohl­fühl­wärme in jedem Raum zu gewährleisten. Das System „C12“ mit PE-Xc-Systemrohr auf Tackerplatte ist schnell und kostengünstig zu verlegen und durch die geringe Es­trichstärke hervorragend zu regeln. Schnelles Aufheizen bei Wärmebedarf aber auch die Begrenzung der zugeführten Energie, zum Beispiel bei erhöhter Sonneneinstrahlung oder zur Absenkung am Abend in Schlafräumen, unterstützen das Ener­giekonzept des Zukunftshau­ses.

Die Solarthermie-unterstützte Luft/Wasser-Wärmepumpe bildet zusammen mit einem 1000 l-Speicher das energetische Herzstück des Hauses. „Solar Compleet“ kombiniert die Wärmepumpentechnologie von Danfoss mit der Solartechnik von Sonnenkraft und steuert mit nur einem Regler die gesamte Heiztechnik. Der große Speicher sorgt für eine maximale Ausnutzung der Sonnenenergie.

Die Fußbodenheizung kann im Sommer zur Kühlung eingesetzt werden, indem die aufgenommene Strahlungswärme über das Rohrsystem dem Wärmetauscher im Keller zugeführt wird. Warmwasser bereitet im Durchlaufprinzip ein in die Anlage integriertes Frischwassermodul mit patentierter Temperaturschichtung.

 

Planung und Ergebnis

Die Forscher des Fraunhofer Instituts (ISE) werten über zwei Jahre sämtliche Zahlen aus. So soll das tatsächliche energetische Verhalten des Gebäudes in der Realität abgebildet werden. Ob sich das geballte wissenschaftliche Know-how, das im Regensburger Wohnmodell 2020 steckt, in der Praxis bewährt, wird sich spätestens zeigen, wenn im Jahr 2010 eine Familie das Haus bewohnt.

 


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