Seecontainer wird zu Null-Energie-Haus

Nachhaltige Versorgungstechnik auf kompaktem Raum

Studenten der Hochschule Offenburg, Berufsschüler der Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE haben im Pilotprojekt „SHK4FutureEnergysystems“ gemeinsam einen Seecontainer zu einem energieautarken Raummodul umgebaut. Studenten und Azubis lernten dabei anhand der realen Bauaufgabe, wie die Zusammenarbeit von Planern, Forschern und Hand­werkern bei anspruchsvoller Heiz- und Klimatechnik funktioniert.

„Das Potential zur Ener­gieeinsparung im Gebäudesektor ist enorm, da 40 % des Endenergiebedarfs in Deutschland für das Heizen und Kühlen von Gebäuden aufgewandt werden. Für eine erfolgreiche Wärmewende ist es unabdingbar, dass Auszubildende und Studierende innovative Technologien für energie­effi­ziente Gebäudetechnik kennenlernen“, sagt Sebastian Herkel, Abteilungsleiter Energie­effi­ziente Gebäude am Fraunhofer ISE. Das Institut hatte das Vorhaben im Rahmen des vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojektes „EnEff2050Begleit“ initiiert, das u.a. den Wissenstransfer zwischen Bauhandwerk und Forschung fördern soll. 

Hintergrund ist die „Effi­zienz­stra­tegie Gebäude 2050“ der Bundesregierung, die eine Reduktion des Primärenergieverbrauchs um 80 % gegenüber 2008 anstrebt. Ein Schlüssel für die Erreichung dieses Ziels ist die hochqualifizierte Umsetzung neuer Technologien in der Baupraxis.

„Ein wesentliches Ziel des Projekts war es, die Zusammenarbeit und das gemeinsame Verständnis der angehenden Planer der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) und Handwerker aus dem Berufsfeld ‚Anlagenmechaniker Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK)‘ zu fördern, damit die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit bei anspruchsvoller SHK-Systemintegration funktioniert“, erklärt Fraunhofer ISE-Mitarbeiter Robert Meyer, Teilprojektleiter und Initiator des Projektes. Das Konzept legte daher großen Wert auf einen Austausch auf Augenhöhe, um zum einen die Wertschätzung für die Handwerkerausbildung und zum anderen den Praxisbezug im Ingenieurstudium zu steigern.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit auf den Baustellen wegen der anspruchsvollen Systemintegration energieeffizienter Gebäudetechnik neue Herausforderungen mit sich bringt“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Jens Pfafferott von der Hochschule Offenburg die Motivation für das interdisziplinäre Projekt. „Je größer das Verständnis der Akteure füreinander und die Arbeit des anderen ist, desto einfacher lassen sich diese innovativen Konzepte umsetzen.“


Studenten und Berufsschüler arbeiten zusammen

Die Planung der Anlagen zur Heizung, Lüftung, Kühlung, Trinkwassererwärmung und Stromerzeugung übernahmen Studenten des Studiengangs Energiesystemtechnik der Hochschule Offenburg unter Leitung von Prof. Dr. Jens Pfafferott. Berufsschüler des SHK-Handwerks der Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule Freiburg setzten diese im Anschluss praktisch zusammen mit den Studenten um. Dafür konnten die Projektteilnehmer die Infrastruktur der Handwerkskammer Freiburg nutzen. In deren Gewerbeakademie in Freiburg findet u.a. auch die überbetriebliche Ausbildung für das SHK-Handwerk statt.

„Unsere SHK-Fachleute sind die Umsetzer der Energiewende. Nur wenn sie gemeinsam mit den Planern an einem Strang ziehen, kann dieses Mammutprojekt gelingen“, hebt Wolfram Seitz-Schüle, Geschäftsführer der Handwerkskammer Freiburg, hervor. „Mit diesem Projekt stellen wir die richtigen Weichen“, zeigt er sich überzeugt.

Im ausgebauten Zustand genügt der Container einfachen Ansprüchen an den Wohnkomfort und bleibt dabei transportabel. Durch den Einsatz von Wärmepumpen, PVT-Kollektoren, die Photovoltaik und Solarthermie vereinen, und einem Batteriespeicher kann er autark als Null-Energie-Haus betrieben werden. Am 28. Juni 2019 wurde die Fertigstellung an der Hochschule Offenburg gefeiert.Mit dem Abschluss des Projektes soll der Container künftig als Anschauungsobjekt und Testlabor für nachhaltige Versorgungssysteme dienen, sowohl in der Lehre und Weiterbildung als auch auf Messen, insbesondere zur Berufs- und Stu­dien­orien­tie­rung. Dafür wurde die Gebäudetechnik so ausgeführt, dass ihre Funktionsweise im Betrieb leicht nachvollzogen werden kann, z.B. durch Mess- und Monitoringeinrichtungen oder die transparente Ausführung von Anlagenkomponenten.

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