Politische Arbeit der TGA-Verbände

Brauchen wir auch einen Fall Pofalla?

Der in den letzten Wochen hektisch kommentierte Vorgang um den eventuellen Wechsel des Kanzleramtsministers Ronald Pofalla in den Bahnvorstand lässt die Frage aufkommen, ob diese Durchgängigkeit zwischen Politik und Wirtschaft nicht ein gewünschter und normaler Vorgang sein sollte.

Dafür spricht die Verbesserung der politischen Sensibilität in der Wirtschaft und der wirtschaftlichen Kompetenz in der Politik. Außerdem kann der prinzipielle Anspruch auf Unabhängigkeit eines Mandatsträgers auch in wirtschaftlicher Sicht eingelöst werden. Vorteile, die zum Beispiel die US-amerikanische und französische Gesellschaft seit Langem kennen. Karrieren, die mehrfach zwischen Spitzenpositionen des Staates und der Industrie wechseln, sind dort üblich. Dies ist freilich zum Teil dem in diesen Ländern bestehenden Elite-Universitätssystem geschuldet.

In Deutschland wird, wie häufig, eher die Kehrseite der Medaille in den Fokus genommen. Mögliche Vorteilsnahme, Versorgungsmentalität und Vetternwirtschaft werden durch diese Durchgängigkeit im Einzelfall erleichtert. Der Preis übertriebenen Argwohns ist in diesem Fall jedoch, dass der politische Betrieb in Parlament und Regierung hauptsächlich von Beamten, Juristen und Berufspolitikern getragen wird. Für die Wirtschaft ist dies ein Nachteil. Zudem ist die Kritik an Wechseln zwischen Politik und Wirtschaft etwas scheinheilig, denn gerade die Bundesrepublik hat eine lange Tradition der Einflussnahme auf politische Entscheidungen durch Verbände und Lobbyisten. Jeder Politiker lädt öffentlich und im persönlichen Gespräch dazu ein, ihn über die Interessen einer Branche zu informieren und mit überzeugenden Argumenten für oder wider staatliche Regelungen und Entscheidungen zu versorgen.

In diesem Sinne ist es für die TGA-Branche wünschenswert, eine verstärkte politische Aufmerksamkeit für ihre Kernbelange zu haben. Es ist unverständlich, dass das Potenzial der energetischen Gebäudesanierung durch Haustechnik nicht in dem gleichen Maße in der Politik erkannt wird, wie dies die Wärmedämmung erreicht hat. Die tägliche Lobbyarbeit der Verbände der TGA-Branche versucht, diesen seit langem erkannten Missstand zu beheben. An diesem Punkt sei angemerkt, dass die zahlreichen Organisationen, von denen sich zunehmend einige als Spitzenverband betiteln, im gemeinsamen Interesse stärker kooperieren müssten. Eine fokussiert vorgetragene Initiative würde die Überzeugung zum Beispiel für staatliche Förderprogramme auch für die technische Gebäudeausrüstung stärken.

Zugespitzt formuliert, müsste die TGA-Branche einen Stellenwert bekommen, der einen namhaften Politiker wie Ronald Pofalla den Wechsel in eines der großen Unternehmen oder der Spitzenverbände der TGA-Branche anstreben lässt. Damit wäre eine breitere Öffentlichkeit erreicht und das Interesse der Politik an unseren Themen dokumentiert. Die negative Diskussion eines solchen Schritts, wie derzeit im Fall Pofalla, wäre dann leicht auszuhalten.

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