Zukunftsfähige Lüftungskonzepte auf dem Vormarsch

Luftionisation: Anwendertreffen mit Folgen

Mit drei Veranstaltungen im November 2019 hatte die tab in Berlin eine kleine Lüftungstechnik-Trendreise zu absolvieren. 

Anwendertreffen der GSB mit der Steinicke Handelsgesellschaft mbH

Vor fast 20 Jahren hatte Steinicke mit dem Kongress „Luft, ein Lebensmittel“ im ICC mit Fachplanern, Medizinern, Architekten und Systemintegratoren über die Herausforderungen der Lüftungstechnik und Luftionisation in Räumen diskutiert. Lagen damals nur wenige Forschungsergebnisse vor, reflektierte das Anwendertreffen die technischen Fortschritte der Luftionisation und die praktische Umsetzung in den letzten Jahren. Die Beispiele waren so vielseitig wie die Schadstoffeinträge in der Raumluft. Eckhard Steinicke hat auch die Belastungen der Volkswirtschaft durch Erkrankungen der Atemwege durchgerechnet und sieht die Politik in der Pflicht. „Die Luftionisation verringert Schadstoffbelastungen der Luft und hat sich in den letzten Jahren technologisch als Stand der Technik etabliert. Ob feste Installationen der „LH“-Serie von GSB oder mobile Systeme, wie dem von uns entwickelten Umluft-Hygieneturm oder dem Luftreinigungssystem „ECO Clean“ aus Schermbeck, diese Lösungen schaffen ein Wohlbefinden und senken den Krankenstand durch gesunde Luft“, zog Eckhard Steinicke ein Fazit und rechnete vor: „Ein Betrieb mit 200 Mitarbeiter und einem Krankenstand von 4 % müsste auf acht Mitarbeiter verzichten bzw. diese ersetzen. Dies entspräche je Mitarbeiter bei angenommen monatlichen Kosten von 4.500 € inkl. Nebenkosten ein Kostenaufwand von monatlich 36.000 €. Gesenkt auf einen Krankenstand von 2 % würden nur noch 18.000 € im Monat anfallen“, so sein Rechenbeispiel.

Die Erfahrungen bei der lufttechnischen Nachrüstung in den Schulungsräumen der Fernuni Hagen am Neuen Kranzler Eck in Berlin ließen die Teilnehmer aufhorchen. Der Grund: Die bodengeführten Luftauslasssysteme wurden mit „LH-MAG 1000“-Modulen von GSB nachgerüstet. Diese lassen sich Plug & Play auch in deckengeführten Luftauslasssystemen, Wohnungslüftungen, KWL-Anlagen und Schiffskabinen einbauen oder nachrüsten. Durch eine kompakte Bauweise ist das Modul vielseitig einsetzbar und kann am Ende der Lüftungsleitung die natürliche Ladung durch Ionisation in der Raumluft wiederherstellen. Bei der Umgestaltung des Lüftungskonzepts der Fernuni wurde die vorhandene RLT-Anlage zusätzlich mit „LH-UL 250S“-Deckengeräten von GSB ergänzt. Messungen bestätigen, dass der Luftionengehalt der Raumluft niedriger ist als der der Außenluft. Hebt man ihn durch ozonfreie, ionisierende Systeme wieder an, wirkt die Luft frischer. Ein Verfahren wurde an der Hochschule Luzern im Labor und bei Langzeitanwendungen überprüft. Diese Ergebnisse erlauben die Empfehlung, dass der Luftionengehalt der Raumluft als Behaglichkeitskenngröße untersucht werden sollte. Die im Vortrag beschriebenen Projekte von Prof. Rüdiger Külpmann, Hochschule Luzern, Technik & Architektur (HSLU), zeigen eine aussagekräftige Wirkung der Luftionisation durch eine erhöhte Sauerstoffaufnahme des Menschen. Die damit zusammenhängenden Vorgänge im menschlichen Organismus führen zur Steigerung des Wohlbefindens und der Leistungsfähigkeit.

Der gemeinsame Wissens-transfer zeigte Plug-&-Play-Nachrüstungen für Lüftungskanäle. Vorhandene Technik kann somit einfach ergänzt und die Leistung der Lüftungstechnik teilweise auf Halblast gefahren werden. „Mit diesem Konzept haben wir einmal mehr bewiesen, dass eine Orchestrierung vorhandener Lüftungstechnik mit modernen Luftionisationssystemen sehr viel bewirken kann. Eine technische Sonderlösung, die auch Nachahmer finden wird, ist das Restaurant am Potsdamer Platz. Hier wird die Küchenabluft ionisiert und kann dann geruchsneutral auf den Gehweg ausgestoßen werden. „Den Schwung der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten nahmen alle Teilnehmer mit. Die Gespräche und der Wissens-transfer zeigten, dass sich das Potential der Luftionisation aus Gründen der Raumluftqualität und Energieeffizienz am Markt durchgesetzt hat. Die Folge: Nach einer Ideenfindung konnten bereits erste neue Projekte im Nachgang der Veranstaltung umgesetzt werden“, freut sich Mitorganisator Frank Martin, GSB-Prokurist.

Die Energieeffizienz
im Fokus

Beim Berliner Aktionskreis Energie bestand die Möglichkeit neue Anregungen zur Effizienz und Hygiene durch Luftionisation vor dem Hintergrund der VDI 6022 kennenzulernen. Florian Hübner, TÜV Rheinland, beleuchtete dabei auch die Hintergründe zur neuen Filternorm DIN EN ISO 16890-1:2017. Er empfahl die Nachweisführung gesundheitlich zuträglicher Zuluft nach VDI 6022-3 unbedingt zu beachten. Ebenso verwies er auf die Durchführungsbestimmung nach erfolgreicher Hygiene-Erstinspektion gemäß VDI 6022-1. Er ging auf die Beschreibung der in der VDI genannten vier verschiedenen Raumluftqualitäten (RAL 1 bis 4) ein.

Im zweiten Block beschrieb er die Ergebnisse des im Sommer 2018 vom TÜV Rheinland erstellten Messberichts in den Räumlichkeiten der Fernuni Hagen. Nach der Umnutzung vom Büro- zum Schulbetrieb musste dort ein angepasstes Lüftungskonzept erarbeitet werden. Das Ergebnis: Zur Entfernung von Staub, Gerüchen, und Bakterien wurden fünf Umluftgeräte mit einer Luftrate von je 250 m³/h (hier ausschließlich Sekundärluft gemäß DIN ISO 16798-3) mit Ionen- und Ozonerzeuger und MS- und Aktivkohlefilter verwendet. Die TVOC-Konzentration (Total Volatile Organic Compounds) war über den Messzeitraum im Raum mit 30 ppb, entspricht näherungsweise 0,07 mg/m³, noch deutlich unterhalb des in der VDI 6022-3 empfohlenen Grenzwertes von 60 ppb.

„Bei einem Zielwert von 1.000 ppm im Raum wäre rechnerisch eine Mindestaußenluftrate von 1.750 m³/h vorzusehen. Der Zielwert von 1.000 ppm im Raum wird aber mit dem Istwert von 805 m³/h gehalten, also um mehr als 50 % unterschritten. „Durch diese Halbierung wurde somit gleichzeitig der Ener­gie­ver­brauch gesenkt. Bei genauer Planung und Berechnung lassen sich Ventilatoren dadurch mit geringeren Lasten fahren“, hob Florian Hübner hervor.

Normen für die Wohnungslüftung im Wandel

Nach dem Erstauftakt einer Kongressreihe vom Fachverband Gebäude-Klima e.V. (FGK), Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e.V. (BDH) und Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) in Stuttgart konnten sich Fachleute der Wohnungslüftung in Berlin über die Neuerungen der DIN 1946-6 und der Angleichung der DIN 18017-3 informieren. Claus Händel vom FGK gab eine Übersicht über Änderungen der DIN 1946-6 und der DIN 18017-3 . „DIN-Normen müssen alle fünf Jahre auf ihre Aktualität hin überprüft werden. Aufgrund der Erfahrungen und der weiteren Verbreitung von dezentralen Systemen wurde eine zielgerichtete Anpassung notwendig“, so Claus Händel. Grundsätzlich arbeitet die Norm mit flächenbezogenen Werten und geht von einer typischen Belegung aus. Solange die Nutzungseinheit ähnlich wie geplant genutzt wird, müsse beim Lüftungskonzept nicht automatisch gehandelt werden. In gewissen Grenzen können die Luftvolumenströme im Rahmen der Instandhaltung meist angepasst werden. Wenn seit Beginn der Planung an der unteren Auslegungsgrenze gearbeitet wird, seien Anpassungen jedoch kaum möglich. Eine leichte Überdimensionierung der Komponenten führe zu einem erweiterten Spielraum und meist auch zu einem geringeren Energieverbrauch und niedrigeren Schall­emissionen, da die Druckverluste sinken. Dabei sind allerdings die Kosten zu berücksichtigen.

Uwe Manzke, Freier Journalist, IWP Wissenschaftsredaktion, 10207 Berlin

„Es ist nicht ganz einfach, die verschiedenen Interessenslagen unter einen gemeinsamen Hut zu bekommen. Mein Dank gilt allen Mitgliedern des Ausschusses, denen es dank Diskussionen unwd einer guten Streitkultur gelungen ist, ein gemeinsames Werk abzuschließen. Auch wenn nicht alle Wünsche umgesetzt werden konnten. Leider hat sich die Notwendigkeit einer nutzerunabhängigen Lüftung in Deutschland noch nicht ausreichend etabliert“, sagte Claus Händel.
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