ITGA-Herbsttagung 2017

Kommunalbau – Megaprojekte – Wärmemarkt

Über einen vollbesetzten Saal konnte sich der Industrieverband Technische Gebäude­aus­rüs­tung Nordrhein-Westfalen (ITGA NRW) bei seiner Herbsttagung im November 2017 wieder einmal sehr freuen. Dabei haben die Unternehmen derzeit mehr als gut zu tun, oder wie Michael Mahr, Vorsitzender des ITGA Nordrhein-Westfalen, auf die Arbeitsfülle und Zeitnot anspielte: „Gerade weil wir uns in einer guten Konjunktur befinden und noch mindestens zwei gute Jahre vor uns liegen, danke ich Ihnen für Ihr Kommen.“ Das attraktive Vortragsprogramm ebenso wie die Gelegenheit zum Netzwerken lockte die Verbandsmitglieder nach Düsseldorf. „Der Ausbau Heizung, Lüftung, Klima, Kälte, Elektro hat in den letzten Jahren eine deutliche Steigerung der Wertschätzung erfahren. Das macht uns alle noch wertvoller für das Bauwesen.“ Die Wertschätzungssteigerung zeigt sich auch darin, dass Generalunternehmer inzwischen ganz anders mit den ausführenden Unternehmen der Branche kommunizieren. Sie werden stärker als Partner am Bau wahrgenommen.

Dr. Stefan Keller, Stadtdirektor der Stadt Köln, gab einen tiefen Einblick in die baulichen Entscheidungsprozesse einer Kommune. Dabei stellte er fest, dass die Performance beim Bauen noch besser werden müsse. Insgesamt legte er offen dar, welche Versäumnisse eine Kommune wie Köln beim Bauen bislang habe, und zeigte den Weg auf, wie ein leistungsfähiger Dienstleister für die Gebäudewirtschaft geschaffen werden könne.

Auf diese Lehrstunde über die Optimierungspotentiale der Organisation am Bau folgte ein Vortrag von Dipl.-Ing. Jörg Blaurock, Technischer Geschäftsführer der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH und der Fair GmbH. Dieser stellte mit dem FAIR – Facility for Antiproton and Ion Research – ein spannendes Bauprojekt vor. In Darmstadt entsteht dabei, angegliedert an ein bestehendes Forschungszentrum, auf 20 ha das „Universum im Labor“.

Das Projekt ist eine Herausforderung der Superlative, wie er mit aktuellen Bildern von der Baustelle dokumentierte. So wird ein Ringtunnel von 1,1 km Umfang geschaffen, der bis zu 17 m unter der Oberfläche verschwindet. Dafür müssen 2 Mio. m3 Erde bewegt werden und 600.000 m3 Beton vergossen werden. Für die Stromversorgung werden neben 17 Mittelspannungsanlagen mit 259 20-kV-Schaltfeldern u.a. 132 Transformatoren im Bereich 20/0,4 kV eingebaut. Dafür werden 10 km Energiekabel und 1.300 km Installationskabel verlegt. 95 Lüftungszentralen mit 520 Lüftungs-, Klima-, Rauchschutzdruck- und Spüllüftungsanlagen mit einer Gesamtluftmenge von 2,1 Mio. m3/h werden benötigt. Für die Umluftkühlanlagen sind 12 MW und für die Wärmerückgewinnungsanlagen 3 MW konzipiert. Dazu kommen 7,4 MW Klimakälte und 70 MW Kälte für die Maschinenkühlung. Im Bereich MSR und Gebäudeautomation werden 52.000 physikalische und 9.500 kommunikative Datenpunkte veranschlagt.

Von einer „TGA in großer Vielfalt“ sprach Jörg Blaurock. Dafür werden insgesamt 1,3 Mrd. € investiert. Das Ganze soll bis 2025 realisiert wird. Ein Hauptziel sei die Einhaltung des Terminplans. Dabei sieht Jörg Blaurock die Aufgabe von sich und seinem 60 Personen starken Bauteam aus Fachleuten vor allem darin, das Bauprojekt auf partnerschaftlicher Basis zu koordinieren. Denn „wir wollen das Großprojekt sein, von dem man sagt, das läuft gut“, schloss Jörg Blaurock die Vorstellung eines faszinierenden Bauprojekts.

Der jährliche Reigen aus drei Vorträgen endete mit einem Beitrag von Manfred Greis, Generalbevollmächtigter der Viessmann Werke GmbH & Co. KG und Präsident des Bundesverbandes Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V. (BDH). Er erläuterte abschließend politische Rahmenbedingungen und technische Trends im Wärmemarkt. Dabei fand er durchaus kritische Worte zu den derzeitigen Bemühungen im Rahmen der Energiewende: „Wenn man es sich genauer überlegt, haben wir in Deutschland die wesentlichen CO2-Reduzierungen in den 1990er Jahren erreicht.“ Zudem setzt er auf einen Wettbewerb der Technologien: „Die Innovationsfähigkeit, die es in Deutschland gibt, darf nicht unter die Räder kommen.“ Daher sollten konkrete Technologien nicht vorgeschrieben werden. Er plädierte für mehr Ge- und weniger Verbote, für mehr Anreize und vor allem mehr Aufklärung. Allein bei einer Durchmodernisierung der Heizungsanlagen mit bestehenden Technologien sei eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 15 % zu erreichen. Dazu müsste der Austausch veralteter Heizkessel dringend gesteigert werden. Denn derzeit werden nur knapp über 700.000 moderne Wärmeerzeuger pro Jahr in Deutschland neu installiert. Das ist zu wenig.

Wieder einmal mehr zeigte sich, egal, ob die Redner aus Politik, Wirtschaft oder Technologie kommen, letztlich vereint alle ein gemeinsames Ziel: Wir brauchen ein stärkeres Miteinander am Bau über Gewerkegrenzen hinweg, um Energieeffizienzziele genauso umzusetzen, wie erfolgreiche Bauprojekte an sich.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 1-2/2023

ITGA NRW: Herbsttagung 2022

Jährlich lädt der Industrieverband Technische Gebäudeausrüstung Nordrhein-Westfalen (ITGA NRW) seine Mitglieder zu einer Herbsttagung nach Düsseldorf ein. Auch 2022 wurden den Teilnehmern...

mehr
Ausgabe 01/2016 Willkommen in der ITGA-Familie

ITGA-Herbsttagung 2015

Die bislang bestbesuchte Herbsttagung des Industrieverband Technische Gebäudeausrüstung Nordrhein-Westfalen (ITGA NRW) eröffnete dessen Präsident Michael Mahr am 12. November 2015 in Düsseldorf....

mehr
Ausgabe 09/2018 100 Tage unter neuer Führung

ITGA NRW zieht positive Halbjahresbilanz

Der Industrieverband Technische Gebäudeausrüstung Nordrhein-Westfalen e.V. (ITGA NRW) kann auf ein erstes Halbjahr mit erfolgreichen Veranstaltungen zurückblicken. Bernd Pieper ist nach den ersten...

mehr
Ausgabe 01/2019 ITGA-Herbsttagung 2018

Wirtschaftspolitik – Energiewende – Change Management

Auch unter dem neuen Vorsitzenden des ITGA NRW, Bernd Pieper, ist die Herbsttagung des Industrieverbands Technische Gebäude­aus­rüs­tung Nordrhein-Westfalen (ITGA NRW) ein Pflichttermin für die...

mehr
Ausgabe 12/2008

ITGA-Herbsttagung 2008

Zuversichtlich schaue die Branche derzeit in die Zukunft, berichtete Michael Mahr, Vorsitzender des ITGA – Industrieverband Technische Gebäudeausrüstung Nordrhein-Westfalen e.V. zur Einführung der...

mehr