Fernkältenetze für Deutschland

Von einem ausgesprochenen Trend in Deutschland kann zwar noch keine Rede sein, aber die Anzahl der Fernkältenetze, beziehungsweise die Nachfrage nach Kälte, wächst seit Jahren kontinuierlich.

Zur Kälteproduktion setzen die deutschen Netzbetreiber verschiedene Verfahren ein: angefangen bei der klassischen Methode, nämlich mit der Kompressions-Kältemaschine (Hamburg, Chemnitz), über direkte Kühlung mit dem abgepumpten Grundwasser-Überlauf von 11 bis 13 °C aus U-Bahnschächten (Stadtwerke München), ferner der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung mit Hilfe einer Absorptions-Kältemaschine (Chemnitz, Berlin) bis hin zur Dampfstrahl-Kältemaschine (Gera).


Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung

Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung könnte den Gesamtwirkungsgrad von Kraftwerksblöcken wegen der wirtschaftlichen Nutzung der sommerlichen Abwärme um einige Prozente erhöhen sowie die Jahreslaufzeit der dezentralen BHKW verlängern.

Fernkälteangebote für Verwaltungen, Hotels, Dienstleister und Gewerbe liegen tariflich gesehen wegen der systemischen Kombination in der Regel 25 bis 30 % unter den Kosten der Eigenproduktion. Vor allem, weil sich der Stromverbrauch um 30 bis 50 % reduziert und der Wasserverbrauch um 70 bis 80 %.

Denn generell ist Kälte teuer: Die Eigenproduktion dürfte das 2,5- bis 3fache der Wärmekosten betragen.

Für Absatz ist gesorgt. Verantwortlich für einen steigenden Bedarf an Kühlenergie im Bereich der Gebäude sind

- die archi­tek­tonische Gestaltung mit ver­größerten Glasanteilen im Fassa­den­bereich,

- höhere Komfortansprüche und

- gestiegene innere Wärmelasten durch die vielfältige elektronische Büroausstattung.

Ein Blick nach Frankreich

Für die Anlagen bauenden Unternehmen im Firmenverbund Omnium Technic (www.omnium-technic.com) war die wachsende Nachfrage Grund genug, sich in der Fernkältezentrale „Les Halles“ in Paris, über Chancen und Grenzen zentral erzeugter Kühlenergie zu informieren.

Die Mitglieder des Firmenverbunds Omnium Technik erfuhren in der Fernkältezentrale „Les Halles“ aber auch, dass zumindest in Paris die Grenzen einer kostengünstigen Fernversorgung in erster Linie die Trasse und die Speicher ziehen: Nicht überall fahre die Metro und stelle ihre Tunnel zur Verfügung oder böten die Abwasserschächte noch Platz, das Fernkältenetz preiswert zu verlegen. Nicht überall im Stadtgebiet ließen sich Tages- oder Kurzzeitspeicher mit 20 m Durchmesser und 20 m Höhe ebenerdig vergraben.

In Paris begann das französische Unternehmen Climespace 1991 mit dem Aufbau des Fernkälte­netzes für innerstädtische Abnehmer.

Heute produziert die Gesellschaft an sieben Standorten nahe der Seine rund 300 MW. Die Kälte geht an 475 Kunden der Metropole mit 500 Gebäuden und 5 Mio. m2 klimatisierte Fläche. Demnach rechnet sich für die Kunden – Bürogebäude, Hotels, öffentliche Gebäude (Oper), Geschäfte – vor allem deshalb der Bezug, weil in der teuren City mit hohen Bau- und Mietpreisen jeder Quadratmeter Fläche Umsatz bringen muss.

Fernkälte sei schon aus diesem Grund den Eigeninstallationen, die umbauten Raum verlangen, kostenmäßig überlegen, erklärten Vertreter der Climespace. Des Weiteren erschwerten verschiedene administrative Bestimmungen, wie etwa das Verbot von Nasskühltürmen (Nebel) in verschieden Stadtbezirken, die dezentrale Kälteerzeugung. 

Die Netzstruktur mit einer Ge­samt­länge von 70 km – und damit eine der größten Fern­käl­te­versorgungen der Welt – gestat­tet zudem im Winter die Entnah­me aus der eisigen Seine „als preis­werteste Energiequelle“ (Clime­space), was dezentralen Anlagen abseits des Flusses kaum möglich sei. Das führe zu einer CO2-Reduktion von 40 %.

Etwa 80 Mitarbeiter sind täglich mit Kontrolle, Produktion, Verteilung und Management der 13 000 m3 Fernkältewasser, die mit 14 bar und Vorlauftemperaturen zwischen 0 und 4 °C zu den Speichern und zu den Beziehern fließt, beschäftigt.

Für das Jahr 2010 kalkuliert Climespace eine Abnahme von insgesamt 460 GWh.

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