Energiecontrolling

Notwendigkeit

des Energiecontrollings

Energiecontrolling hat die Aufgabe, den Energieverbrauch eines energetischen Systems zu überwachen und aus ökologischen Gründen auf ein Notwendiges [Erforderliches] zu minimieren. Die Notwendigkeit der Minimierung des Energieverbrauches innerhalb festgelegter energetischer Grenzen ergibt sich aus dem ökologischen Schutzprinzip § 1 Absatz 1 BImSCHG [1].

In der Definition des Begriffes Umweltverträglichkeit § 3 Nr, EnWG [2] ist indirekt folgende Forderung nach einem Energiecontrolling enthalten.

„…, dass die Energieversorgung (Wärmeversorgung) eines nachhaltigen, insbesondere rationellen und sparsamen Umgangs mit Wärmeenergie genügt, eine schonende und dauerhafte Nutzung von Ressourcen (fossilen Energien) gewährleistet ist und die Umwelt möglichst wenig belastet wird…“

Der § 3 Absatz 1 EnEG [3] definiert dieses für den Betrieb von Heizungs-, raumlufttechnischen, Kühl-, Beleuchtungs- sowie Warm­wasserversorgungsanlagen oder -einrichtungen in Gebäuden. Die Forderung für ein Energiecontrolling lautet: „ , dass nicht mehr Energie verbraucht wird, als zu ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung erforderlich ist.“

 

Wesen des Energiecontrollings

Energiecontrolling ist ein datengestützter Prozess und eine betriebliche Querschnittsaufgabe.

Für ein Energiecontrolling werden zu erhebende Energiedaten in der Maßeinheit [kWh] über die eingespeisten und verbrauchten verschiedenartigen Energien eines zu betrachtenden Systems benötigt. Die Zuordnung der einzelnen Energien und deren Kosten erfolgt in Energiebilanzen. Als Hilfsmittel eignen sich Energiekontorahmen.

Mit den Energiebilanzen erhält man einen Überblick über die betrieblichen Energieströme einschließlich der Bestandsveränderungen bei speicherfähigen Energieträgern (z. B. Heizöl) innerhalb des betrachteten Systems.

Zum Energiecontrolling gehört auch die Auswertung von Energiebilanzen.

 

Anforderungen

an die Anlagentechnik

Anforderungen an die Anlagentechnik zur Durchführung eines Energiecontrollings ergeben sich aus dem § 49 Absatz 1 Satz 1 EnWG. Der genannte Begriff „technische Sicherheit“ ist gleichzusetzen mit den Anforderungen, dass zu jeder Zeit die unterschied­lichsten messtechnischen Daten erhoben werden können und eine Eingriffsmöglichkeit zur Ra­tio­nalisierung des Energieeinsat­zes besteht.  

 

Grundsätze zur Erstellung eines Energiecontrollings

1. Grundsätze der ordnungsgemäßen Bilanzierung

Die folgenden kaufmännischen Grundsätze einer ordnungsgemäßen Bilanzierung gelten auch für eine Energiebilanz:

Bilanzvollständigkeit,

Bilanzwahrheit,

Bilanzklarheit,

körperliche Bestandsaufnahme der speicherfähigen Energien.

 

2. Datenerhebung

Zur Energiebilanzierung eines energetischen Systems gemäß dem Energieerhaltungssatz sind alle messtechnisch ermittelten Energiemengen in der Maßeinheit [kWh] anzugeben. Hierzu gehören auch die zu ermittelnden Energieverluste.

3. Erhebungszeitraum

Aus Vergleichsgründen sollte nach Möglichkeit für ein Energie­controlling der Erhebungszeitraum „Kalenderjahr“ gewählt werden. Die Aufnahme von Be­stands­veränderungen sollte daher zum 31.12. eines Jahres erfol­gen.

 

4. Standardisierte Mess- und Erhebungsverfahren

sind erforderlich, um örtliche und zeitliche Datenvergleiche der zu betrachtenden Systeme zu er­mög­lichen.

 

5. Input- und Outputdaten sowie Bestände 

Input- und Outputdaten für die einzeln zu bilanzierenden energetischen Systeme sind getrennt messtechnisch zu ermitteln. Dieses gilt auch für Bestandsveränderungen.

 

6. Festlegung von energetischen Bilanz- bzw. Systemgrenzen

Mittels Bilanzgrenzen muss festgelegt werden, welche energetischen Bilanzkreise bzw. Systeme mit in die Bilanz einbezogen werden sollen und welche nicht.

 

7. Kopplung von Energiebilanzen mit betrieblichen Datenbanken

Dieses ergibt sich aus der innerbetrieblichen Bearbeitung der erhobenen Energiedaten.

 

8. Inhaltliche Festlegung der jährlichen Energiebilanzerstellung

Klärung der energetischen Bilanzstruktur (Was soll bzw. muss bilanziert werden?),

Zuständigkeiten zur Datenerhebung und Auswertung,

Ableiten von Zielen und Maßnahmen.

 

Rechtsfolgen

Ein nicht durchgeführtes Energiecontrolling ist eine Pflichtverletzung. Die Pflichtverletzung lässt sich aus dem § 1 Absatz 1 (ökologisches Schutzprinzip) BImSchG ableiten.

Definition der Pflichtverletzung:

Eine Pflichtverletzung lässt sich als Nichterfüllen von Anforderun­gen an ein bestimmtes Verhalten auffassen [Erfordernis]. Das „bestimmte Verhalten“ ist gleichzusetzen mit einem nicht durchgeführten Energiecontrolling.  

Im Immobilienbereich wird in der Regel kein Energiecontrolling durchgeführt, mit der Folge, dass erhöhte Betriebskosten vorhanden sind, die der Betreiber der Wärmeversorgung billigend in kauf nimmt.

Bei einer bewiesenen Pflichtverletzung (erhöhter Energieverbrauch und deren Kosten) besteht nach § 208 Absatz 1 BGB ein Schadensersatzanspruch für den Nutzer der Endenergie.

 

Sonstiges

Um die internationalen Forderungen bezüglich des Klima- (Umwelt-)schutzes zu erfüllen, ist es dringend geboten, im Energierecht eine gesetzliche Norm zu verankern, in der Grundsätze für ein Energiecontrolling festgeschrieben werden.

Heinrich Timm, Ingenieur für Hei­zungs-, Lüftungs- und Sanitär­tech­nik, 19273 Tripkau

 

Literatur:
[1] Bundes-Immissionsgesetz vom 26. September 2002
[2] Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005
[3] Energieeinspargesetz vom
1. September 2005
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