Die Ericusspitze in der Hafencity Hamburg

Energetisches Gesamtkonzept der Kategorie Gold

Dreiseitig von Wasser umgeben, gilt die Ericusspitze am östlichen Ende der Hafencity in Hamburg als exponierte Lage für ein außergewöhnliches Bauprojekt. Hier entstehen in direkter Nähe zur historischen Speicherstadt und fußläufig zum Hamburger Hauptbahnhof in zwei Gebäuden rund 50 000 m2 neue Büroflächen. Zukünftig wird die Spiegel-Gruppe das von der Robert Vogel GmbH & Co. KG als Investor und Vermieter errichtete, nördliche Gebäude auf der Ericusspitze als zentralen Konzernhauptsitz nutzen.

Das neue Spiegel-Gebäude, eine vom dänischen Architekturbüro Henning Larsen Architects entworfene Immobilie, wird zusätzlich zu ihrer architektonischen Strahlkraft ebenfalls die Prinzipien der Nachhaltigkeit sowie Aspekte der Ökologie, der Wirtschaftlichkeit als auch Sozialverträglichkeit vermitteln. Speziell auf diese Anforderungen abgestimmt: ein energetisches Gesamtkonzept mit dem bewussten Einsatz natürlicher Ressourcen und dem Fokus auf Energieeffizienz. Einen wesentlichen Bestandteil stellt dabei die Betonkernaktivierung „Contec“ des Systemanbieters Uponor dar. Mit dieser in die Betondecken integrierten Flächentemperierung wird die Basis geschaffen, zukünftig im gesamten Gebäude ganzjährig ein behagliches Raumklima zu erreichen.

Zusätzlich zur Betonkernaktivierung sind es rund 1000 Anschlüsse für die Thermische Steckdose von Uponor zur Installation von Deckensegeln sowie das Flächenheiz- und -kühlsystem „Classic“, die für eine gleichmäßige Temperierung im Gebäude sorgen. „Um in der neuen Zentrale der Spiegel-Gruppe auf der Ericusspitze alle ökologischen und wirtschaftlichen Anforderungen zu erfüllen, haben wir eine komplexe Planung der TGA vorgenommen. Dabei wurde für das Energiekonzept neben der Geothermie ebenfalls der Einsatz von Fernwärme zur Deckung von Spitzenlasten bei der Planung der Flächentemperierung in Boden und Decke berücksichtigt“, beschreibt Fachplaner Ralph Valtinke von der DS-Plan Ingenieurgesellschaft für ganzheitliche Bauberatung und Generalfachplanung mbH sein Projekt in der Hamburger Hafencity. Ein Ziel in diesem Projekt ist es, für den neuen Firmensitz der Spiegel-Gruppe das „Hafencity Umweltzeichen“ Gold zu erlangen.


Robuste Rohre für thermisch aktive Decken

Offen und licht wirkt das neue Spiegel-Gebäude bereits von außen, dabei gleichzeitig markant platziert mit seinen 13 Geschossen auf der Ericusspitze. Dazu passen die haustechnischen inneren Werte, die in der Entstehungsphase des Gebäudes noch sichtbar sind, bevor sie nach Bezug unsichtbar sowie geräusch- und zuglos für ganzjährige Behaglichkeit sorgen. 8150 m2 Raumdeckenfläche wurden mit den vorgefertigten Modulen der „Contec“-Betonkernaktivierung ausgestattet. Darin integriert ist das nach Verfahren Engel hochdruckvernetzte Polyethylenrohr (PE-Xa) in einer Nennweite von 20 x 2,3 mm. Die werkseitig vorgefertigten „Contec-Module“ werden mit der patentierten Aufzugsträgermethode von der bauseitigen Bewehrung abgehängt. Diese Montage sichert einen zügigen und wirtschaftlichen Baufortschritt durch die genaue Platzierung der Rohrregister in der Betondeckenmitte. Für den ausführenden Montagefachbetrieb Ullrich Gersch aus dem Küstriner Vorland zählte zusätzlich die Eignung des Materials für die harten Anforderungen des täglichen Baustellenbetriebs einer Großbaustelle wie der Ericusspitze. „Wir sehen in der hohen Materialqualität von „Contec“ einen großen Vorteil, da das hier verwendete PE-Xa-Systemrohr flexibel und damit montagefreundlich in der Installation ist. Ganz wichtig für uns war ebenfalls die Unempfindlichkeit gegen Spannungsrisse. So unterstützen uns der robuste Rohrwerkstoff und die bereits werkseitig vorgefertigte Modulbauweise dabei, die Anforderungen an Baufortschritt und nachhaltiger Installation zu erfüllen“, erklärt Ullrich Gersch. Die 3000 m Verbindungsleitungen wurden mit den Quick & Easy-Systemkomponenten von Uponor ausgeführt. Bei diesen Montagearbeiten entfällt zeitaufwendiges Verpressen, Schweißen oder Löten der Verbindungsrohre. Genutzt wird der Memory-Effekt des PE-Xa-Rohrmaterials. Nachdem ein Sicherungsring über das Rohr geschoben wurde, wird das PE-Xa-Rohr mit einem Werkzeug geweitet und anschließend in den Fitting gesteckt. Durch den Memory-Effekt des Materials verbindet sich das Rohr beim Zurückschrumpfen fest mit dem Fitting. Das Ergebnis ist eine sichere Verbindung bei einem gleichzeitig wirtschaftlichen Baufortschritt.


Anspruchsvolles Energiekonzept für Behaglichkeit

Im Rahmen des energetischen Gesamtkonzeptes erfolgt die Grundheizung und -kühlung des neuen Spiegel-Gebäudes mit der „Contec“-Betonkernaktivierung. Dabei erzielt die thermische Deckenaktivierung eine Ab­deckung von bis zu 30 % der Grundlasten. Die verbleibenden Heiz- und Kühl­lasten werden mit ebenfalls thermisch aktiven Deckensegeln gedeckt. Angebracht sind die effizienten Deckensegel als innen umlau­fen­des Band entlang der Fassade. Die tagsüber in den Räumen entstan­de­ne Wärme wird über das Kühlmedium der im Beton integrierten Rohre aufgenommen und abtransportiert. Die ausstehenden Lasten zur Klima­ti­sierung werden über Heiz-/Kühlsegel sowie in Räumen mit einem erhöh­ten Kühlbedarf, wie der EDV, über eine RLT-Anlage gedeckt.

 

Heizfall und Kühlfall

Für die Energieerzeugung des Neubaus der neuen Spiegel-Zentrale wird neben Fernwärme Geothermie genutzt. Zum Einsatz kommen dabei insgesamt 80 Erdsonden, die in einer Tiefe von rund 55 m Erdwärme zur Verfügung stellen. Ergänzend sind 100 thermisch-aktive Bohrpfähle in einer Tiefe von 15 m eingebracht. Diese Bohrpfähle ermöglichen zusammen mit den Erdsonden eine geothermische Leistung von rund 300 kW Leistung zum Heizen oder Kühlen. Die aus der Geothermie gewonnene Energie reicht im Heizfall zur Deckung der Grundlasten über die Betonkernaktivierung sowie der Deckensegel mit einer Vorlauftemperatur von 35 °C bei einem Rücklauf von 30 °C. Diese Werte genügen im Bereich der Niedrigtemperatur für die Bereitstellung einer gleichmäßigen und angenehmen Wärme aus. Für Bedarfsspitzen in Nebenbereichen des Gebäudes und für Zusatzheizungen werden nutzungsspezifisch höhere Temperaturen über den Einsatz der Fernwärme gedeckt.

Im Kühlfall werden höhere Leistungen für die Versorgung der Kühlsegel benötigt. Dafür sind die hier genutzten Kühlkreise der Betonkernaktivierung als getrennte Kühlkreise angelegt. In diesen liegt die Vorlauftemperatur für die Kühlsegel bei 16 °C bei einem Rücklauf von 19 °C. Die hierfür benötigte Energie wird aus der Geothermie als Grundversorgung mit ca. 300 kW gewonnen. Zusätzlich dazu regeln zentrale Kältemaschinen die Deckung von spezifischen Kühlungsanforderungen, z. B. im Bereich der IT-Räume.

Um eine unkontrollierte Aufheizung der Büroräume durch direkte Sonnenbestrahlung zu vermeiden, ist die Fassade mit einem U-Wert von < 1 ausgestattet. Zusätzlich sorgen ein außenliegender Sonnenschutz sowie eine Hinterlüftung der Doppelfassade dafür, dass sich das neue Spiegelgebäude nicht zu sehr aufheizt.

Mit in das Energiekonzept integriert ist eine bivalent eingesetzte Flächentemperierung für die Bereiche Empfang, Lounge und Mitarbeiterrestaurant im Erdgeschoss. Für die gleichmäßige Heizung und Kühlung sorgt das bewährte Uponor Trägerelementesystem „Classic“. „Zur Verteilung der Heiz- und Kühlenergie im Erdgeschoss haben wir uns für eine klassische Fußbodenheizung in einer Rohrdimension von 17 mm entschieden, die wir gleichzeitig für die Kühlung geplant und ausgelegt haben. Daher wurde der Verlegeabstand auf einer Fläche von ca. 1300 m2 mit (VZ) 15 cm gewählt“, erklärt Planer Ralph Valtinke. Wie die Betonkernaktivierung „Contec“, wurde die Flächentemperierung „Classic“ ebenfalls an die Energieversorgung über Geothermie und Fernwärme angeschlossen. Dabei ist im Heizfall eine Vorlauftemperatur von 40 °C bei einem Rücklauf von 30 °C und für die Kühlung eine Vorlauftemperatur von 18 °C bei einem Rücklauf von 21 °C geplant.

 

Einfache Erweiterungsmöglichkeiten

„In einer sehr komplexen und anspruchsvollen Deckenkonstruktion wurden in diesem Projekt rund 1000 Thermische Steckdosen zur Installation von Deckensegeln zum Heizen und Kühlen eingebaut. Diese dienen quasi als Verstärkung für die Betonkernaktivierung“, erklärt Ralph Valtinke. Eine große Herausforderung bei der Planung war ebenfalls die Koordination der in der Decke zu integrierenden, zusätzlichen Leerrohre oder auch Brandmelder. Dazu musste die Deckenkonstruktion aufgrund ihrer multifunktionalen Belegung allen Ansprüchen der Statiker und ausführenden Betonbauer Stand halten.

Mit einer präzisen und effizienten Planung passten schließlich alle Anforderungen aus Statik, Verarbeitung und Technischer Gebäudeplanung zusammen, so dass die hohe Anzahl der systemergänzenden Thermischen Steckdosen in die Decken des Gebäudes installiert werden konnte. Damit bilden diese die Basis für die Anbringung der Spitzenlastenelemente, wie den aktiven Deckensegeln, die einen weiteren wichtigen Baustein des energetischen Gesamtkonzeptes darstellen. Ullrich Gersch vom ausführenden Fachbetrieb berichtet dazu aus seiner Praxis: „Die Montage der entlang der Fassaden auf allen Stockwerken geplanten, thermisch aktiven Deckensegel erfolgte einfach mit einem Adapter. Das korrosionsfeste Gehäuse der Thermischen Steckdose haben wir direkt auf die bauseitige Deckenschalung montiert und anschließend zusammen mit weiteren Versorgungsleitungen sowie der „Contec“-Betonkernaktivierung einbetoniert. So ist die Thermische Steckdose bündig in die Decke integriert und kann für den Anschluss der Deckensegel flexibel eingesetzt werden.“ Der Anschluss der Thermischen Steckdose an das Versorgungssystem der PE-Xa-Rohre von „Contec“ ist so von außen unsichtbar. Technisch möglich ist der Einsatz von PE-Xa-Rohren in den Nennweiten von 14 x 2,0 mm bis 20 x 2,3 mm. Der vom Systemhersteller werkseitig integrierte Ventileinsatz mit einem selbstständigen Verschluss macht zudem einen nachträglichen Betriebseinsatz von Heiz- und Kühlsegeln möglich, ohne dass ein aufwendiges Entleeren der gesamten Anlage notwendig wäre; ein Plus, das sich bei der Vielzahl der vorgesehenen, thermisch aktiven Deckensegel für eine stille und geräuschlose Kühlung sowie milde Heizung in Kombination mit der Betonkernaktivierung auszahlt. „Entscheidend bei der Kombination von „Contec“ mit Deckensegeln ist die Vermeidung von Leistungsverlusten bei gleichzeitiger Flexibilität und Einhaltung der architektonischen Anforderungen“, ergänzt dazu Fachplaner Ralph Valtinke. Mit dem energetischen Gesamtkonzept der Nutzung von regenerativer Energie aus Geothermie, dem Einsatz von Fernwärme sowie der Kombination von Betonkernaktivierung und thermischen Deckensegeln als passenden Systemen zur Wärme- und Kälteverteilung, ist die Basis zur Erlangung des Umweltzeichens „Gold“ für das neue Spiegelhaus auf der Ericusspitze geschaffen. Zusammen mit der kontinuierlichen Beratung und Unterstützung des Systemanbieter, in Person von Guido Kröhnert von Uponor konnten alle in diesem Gebäude geplanten haustechnischen Maßnahmen für eine vorbildliche ökologische Nachhaltigkeit umgesetzt werden. Dabei wurde das Ziel, einen Primärenergiebedarf von unter 100 kWh/m2a zu erlangen, erreicht. So ergänzen sich Energiekonzept, Haustechnik und Architektur zu einem stimmigen Ganzen.

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