Der Weg zu einer leisen und zugfreien Lüftung

Zug oder Lärm, zu warm oder zu kalt, zu trocken oder zu feucht. An all dem ist nach Meinung vieler Menschen meistens die Belüftung schuld. Und wenn es brennt, breitet sich das Feuer auch noch über das Belüftungssystem aus. Diesen Vorurteilen sollte man entgegenwirken, mit einer guten Planung und einer soliden Ausführung, denn eine leise und zugfreie Belüftung ist keine Utopie.

Das Lärmproblem ist hierbei sicher das wichtigste zu lösende Problem. Wohingegen eine fal­sche Raumtemperatur selten am Lüf­tungssystem liegt. Im Gegenteil, meistens ist das Lüftungs­system sogar ein Teil der Lösung.

 

Das Anforderungsprofil

Grundvoraussetzung für ein geräuschloses, zugfreies und gut funktionierendes Innenklima sind klar und deutlich formulierte Anforderungsprofile. Die richtigen Anforderungen zu definieren, ist wohl der wichtigste mitunter aber auch der schwierigste Teil der Arbeit. Anforderungsprofile mit absoluten Zahlen sind dabei sehr unrealistisch und können nicht kalkulierbare Kosten mit sich bringen. Deshalb sollte man stattdessen mögliche Abweich­un­gen einkalkulieren. Hierbei ist es allerdings schwierig, Größe, Dauer und Häufigkeit solcher Abweichungen vorauszusehen.

Der Heizungs- und Lüftungsingenieur wandelt dieses aufgestellte Anforderungsprofil dann in eine durchdachte Systemlösung um. Wenn bei der Projektierung festgestellt wird, dass das Profil unvorhergesehene ökonomische Konsequenzen mit sich bringt, muss mit dem Auftraggeber eine neue Lösung gefunden werden. Unter Umständen ist der Kunde auch dazu bereit, diese Konsequenzen zu tragen.

 

Wodurch entsteht der Lärm in einem Lüftungssystem?

Möglicherweise auftretende Schallprobleme können durch ein vereinfachtes Einjustieren und weniger Druck in der Anlage verhindert werden. Dadurch wird gleichzeitig die Energieeffizienz verbessert. Lärm in einem Lüftungssystem entsteht dort, wo Luft an Ventilatoren oder anderen Komponenten des Systems vorbeiströmt. Dabei spielt neben dem Druckabfall über der jeweiligen Komponente und deren Form die Geschwindigkeit der Luft eine große Rolle.

Unerwünschter Lärm kann mehrere Ursachen haben. Um alle Ursachen zu erkennen und das Problem zu beheben, ein umfassendes technisches Know-how erforderlich:

Vibrationen können Geräusche in der Lüftungsanlage verursachen,

Über die Luft transportierter Schall kann über Ein- und Austrittskanäle der Ventilatoren im ganzen Haus verteilt werden,

Über die Luft transportierter Schall aus dem Ventilatorraum wird in den angrenzenden Raum übertragen,

Lärm, der dadurch entsteht, dass Luft an anderen Komponenten des Systems vorbeiströmt, wie etwa Kanaldetails, Klappen und Luftauslässen, kann in die angrenzenden Räume und an die Umgebung abgegeben werden.

Ventilatoren und Geräte

Ventilatoren und Geräte müssen so gewählt werden, dass Schall- und Vibrationspegel möglichst niedrig sind. Hierbei muss aber auch die Gebäudekonstruktion berücksichtigt werden. Eine insgesamt leichte Gebäudekonstruk­tion ist im Gegensatz zu einer dichten Konstruktion generell an­fälliger für Vibrationen. Eine wichtige Rolle spielen auch die Gestaltung des Kanalsystems und die Wahl und Platzierung von eventuell erforderlichen Schalldämpfern. Allerdings darf ein Schalldämpfer nicht einfach nur sicherheitshalber eingebaut werden. Denn auch der beste Schalldämpfer führt zu einem erhöhten Druckabfall und damit zu einem erhöhten Energieverbrauch beim Transport der Luft.

Verschiedene Ventilatoren haben unterschiedliche Lautspektren. Es kann daher ratsam sein, Schalldaten im unteren Oktavband zu vergleichen. Das ist der Frequenzbereich, der am schwierigsten zu dämpfen ist. Unerwünschter Schall in hohen Frequenzen kann leichter durch Schalldämpfer be­seitigt werden und ist in der Regel kein großes Problem, wohingegen Schall mit niedrigen Frequenzen nur sehr schwer zu handhaben ist. Die Wahl von Ventilatoren und Geräten ist daher von großer Bedeutung. Vor allem dann, wenn das Gerät in direkter Nähe zu den sich in den Räumen aufhaltenden Personen aufgestellt wird.

 

Luftauslässe und Kanäle

Ungewünschter Schall kann auch in Luftauslässen oder in deren Anschlüssen entstehen. In Skan­di­navien wurde ein Gerätean­­schluss entwickelt, der mittler­wei­le als eine Art Standard gilt. Hier­bei wird ein Luftauslass über einen schallgedämpften An­schluss­kasten mit Klappe und Aus­tritt für die Druckmessung angeschlossen. Besonders wich­tig für eine geräuscharme An­lage ist vor allem die richtige Einjustierung. Dadurch ist für die Dimensionierung der Anlage ein deutlich niedrigerer Druck und somit ein niedrigerer Schallpegel und Energiebedarf möglich.

Dennoch müssen die Kanäle abgedichtet sein, damit der vorgesehene Volumenstrom über die Ventilatoren nicht zu viel Energie verbraucht. Allein hier kann viel Energie eingespart werden.

 

Ist ein zugfreies System überhaupt möglich?

Luftzugprobleme beginnen bereits mit der Frage, was Zug über­haupt bedeutet. Der Begriff deutet vor allem auf ein unangenehmes Gefühl im Raum hin. Um dieses Problem angehen zu können, muss daher vor allem der Bereich des Raumes definiert werden, in dem sich Personen aufhalten. Zug entsteht durch eine zu hohe Luftgeschwindigkeit oder Kältestürze in der Aufenthaltszone. Falsch platzierte Luftauslässe oder ein Auftreffen von Luft auf Balken, Beleuchtungsarmaturen oder ähnlichem können zu Zugluft führen. Auch eine unbalancierte Einjustierung kann zu einem zu hohen Volumenstrom in bestimmten Luftauslässen führen und so ein Schall- oder Zugproblem verursachen.

Leitung der Luft und Luft­aus­lässe

Um Probleme mit Zugluft zu vermeiden, ist es wichtig, dass eine richtige Einjustierung möglich ist. Hierbei wird sichergestellt, dass jeder Teil der Anlage mit dem projektierten Volumenstrom versorgt wird. Eine weitere Voraussetzung, besonders bei der Zufuhr von kalter Luft, ist die Wahl des richtigen Luftauslasses und dessen korrekte Platzierung. Die häufigsten Lüftungsprinzipien sind die Mischströmungslüftung (Bild 1) und die thermisch gesteuerte, verdrängende Lüftung (Bild 2). Jede dieser Lösungen hat ihre Vorteile. Daher müssen immer der zu belüftende Raum und die damit verbundenen Anforderungen beachtet werden.

Bei großem Kühlbedarf ist vor allem die Mischströmungslüftung sinnvoll. Hier wird kühle Luft über einen Luftauslass geleitet, ohne dass diese dann einfach in die Aufenthaltszone „hineinfällt“. Auch möglich sind Kühlbalken, Induktionsgeräte oder Komfortmodule, in denen die Kühlung über ein Kühlregister im Endgerät erzielt wird. Die Luft kann in die richtige Richtung geleitet werden, ohne dass Druckabfall, Schall oder Volumenstrom beeinflusst werden. Das ist vor allem dann von Vorteil, wenn die Räume später umgestaltet und anders genutzt werden als bei der Installation.

Leise und zugfreie Be­lüftung ist keine Utopie

Es gibt vier wichtige Voraussetzungen für eine leise und zugfreie Belüftung:

Ein gut definiertes Anforderungsprofil,

Eine daraus entwickelte technische Lösung,

Eine gut durchgeführte Installation,

die richtige Einjustierung.

Der Eigentümer des Gebäudes ist letztendlich dafür verantwortlich, bei einer Veränderung der Räume vorgeschriebene Wartungen und erforderliche Einjustierungen durchzuführen. Auch diese Punkte dürfen für ein leises und zugfreies Innenklima nicht vernachlässigt werden.

Mängel bei Inspektion und Wartung sind leider an der Tages­ordnung. Einige Gebäudeeigentümer halten dies schlicht für nicht wichtig. Dabei müssen alle technischen Installationen gewartet werden, damit sie richtig funktionieren können. Für Lüf­tungs­systeme gilt dies ganz besonders.


Conny Nilsson, Swegon Air Academy


Systeme und Produkte rund um die Lüftungstechnik präsentieren wir Ihnen auf den Seiten 20 bis 22 in dieser Ausgabe der TAB Technik am Bau.
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