Schnee auf Flachdächern

Dachentlastung bevor es gefährlich wird

Wie viel Schnee verträgt eigentlich ein Dach und wie viel Gewicht muss es aushalten können? Die DIN Norm teilt Deutschland in vier Schneezonen ein. Während im Flachland Dächer eine Belastung von 75 kg/m2 aushalten müssen, wurde beispielsweise für den schneereichen Bayerischen Wald eine Tragfähigkeit auf 200 kg/m2 festgesetzt. Setzt man diese Werte in Verbindung mit Schneeflocken und Pulverschnee, hält man den Sicherheitspuffer für ausreichend dimensioniert. Rechnet man aber einmal genauer nach, wird schnell klar, wie groß das Risiko tatsächlich ist: 1 cm Nassschnee wiegt 4 kg/m2. Eine vergleichbare Eisschicht bringt rund 8 kg/m2. Bereits 10 cm können also schon gefährlich werden. Besonders kritisch wird eine Situation, wenn sich Frost- und Tauperioden abwechseln, das Dach ungenügend gedämmt ist oder möglicherweise Dachabläufe verstopft sind. Dann kann es zur Eisbildung kommen und eine gefährliche Überlast entstehen. Wenn die Grenzwerte überschritten werden, muss das Dach vom Schnee befreit und das Gebäude vorsorglich gesperrt werden.

 

Millionenschäden durch Umsatzeinbußen

Bei Einkaufszentren entstehen bei Gebäudesperrungen schnell Umsatzeinbußen von einigen Millionen Euro, wie etwa im Dezember 2010 bei Ikea in Erfurt. Hinzu kommen Kosten für die manuelle Schneeräumung, die aufgrund des personalintensiven Einsatzes schnell recht teuer werden und durchaus sechsstellige Beträge erreichen können. Dabei möglicherweise entstehende Schäden an der Dachhaut, der Solaranlage oder der Blitzschutzeinrichtung durch den Einsatz von falschem Räumwerkzeug oder mangelnder Sorgfalt sind noch nicht eingerechnet.

Eine marktreife Lösung

„Es gab bisher keine wirtschaftliche Lösung zur Schneeräumung von Flachdächern großflächiger gewerblicher Gebäude wie Großmärkte, Distributionszentren, Montage- oder Lagerhallen“, weiß Matthias Hegetö-Kunze, Gründer und Geschäftsführer der snowfree GmbH. Das brachte ihn auf die Idee, ein automatisiertes Verfahren zu entwickeln, das die Gefahren bannt, die von großen Schneelasten ausgehen: „Durch meine Tätigkeit in der Projektierung von großen Solarstromanlagen wurde ich mit den Problemen konfrontiert, die durch Schnee für Photovoltaikanlagen und Flachdächer entstehen“, erklärt Matthias Hegetö-Kunze. „Ich kam auf die Idee, Dächer durch das auto­matisierte Versprühen einer salzhaltigen Taumittellösung schnee- und eisfrei zu halten.“ Bei „snowfree“ wird auf dem Flachdach ein Leitungssystem mit Sprühdüsen und verschiedenen Messinstrumenten für Schnee, Temperatur, Wind, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag installiert. Dabei wird eine Durchdringung der Dachhaut konsequent vermieden.

Auf Grund der Messergebnisse regelt die Steuerungsanlage den Sprühvorgang automatisch. Hinzu kommt eine permanente Online-Überwachung durch das snowfree Servicecenter, das mit jeder Anlage auch durch Digitalkameras verbunden ist. „Das Schöne an snowfree ist das einfache Prinzip und dass nur erprobte Komponenten verbaut werden, wie beispielsweise die Steuerungsanlage von Siemens und das Pumpensystem von Grundfos“, stellt Matthias Hegetö-Kunze fest. Sicher einsetzbar ist das System bis – 22 °C. Da Schneefälle bei diesen Temperaturen nicht zu erwarten sind, setzt das System früher ein und verhindert so vor allem, dass sich die besonders schweren mehr­schichten Schnee-/Eislagen bilden können.

 

Pilotprojekte in der Umsetzung

Diese Argumentation überzeugte auch ein namhaftes Einzel­han­dels­unternehmen, dem wegen der Schneeproblematik auf den Dächern ihrer Gebäude je­des Jahr extrem hohe Kosten ent­stehen. Erste Pilotprojekte wurden bereits installiert. Bewährt sich das Verfahren, sollen weitere Anlagen folgen. Andere Unternehmen haben auch schon Interesse angemeldet. Da das System Kalziumchlorid verwendet, das allerdings nur bei Schneefall versprüht wird, muss eine Genehmigung eingeholt werden. Allerdings war dies bislang unproblematisch, da sich in einem konkreten Fall Konzentration von < 0,01 % ergaben, die keine Probleme mit der Einleitung in die Kanalisation ergeben.

Auch in Verbindung mit Aufdach-PV-Anlagen ist kein Problem zu erwarten. Hier arbeitet snowfree mit einem bekannten Anbieter zusammen, bei denen ein PV-Modul entsprechenden Test unterworfen wurde. Dabei wurden keine Beschädigungen des Moduls festgestellt. Eine Freigabe durch den Hersteller stehe in Kürze bevor, wie Matthias Hegetö-Kunze auf Nachfrage mitteilte.

Allein die Amortisationsrechnung ist schwer greifbar: „Wir sprechen hier von einer Investition in die Risikoprävention, die sich nicht mit einer neuen Fertigungsanlage vergleichen lässt“, räumt Matthias Hegetö-Kunze ein. „Aber ab wann rechnet sich ein Rauchmelder und eine Sprinkleranlage oder eine Blitzschutzeinrichtung? Wer im Moment noch die Augen verschließt, muss sich im Schadenfall fragen lassen, warum er keine Vorsorge getroffen hat.“

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