Sachgrundlose Befristung und Vorbeschäftigung

§ 14 Abs. 2 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eröffnet die Möglichkeit, einen Arbeitnehmer bis zur Dauer von zwei Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet einzustellen. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG schließt diese Möglichkeit jedoch aus, wenn der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber bereits zuvor befristet oder unbefristet beschäftigt war. Ungeklärt war bisher, ob sämtliche in der Vergangenheit liegende Beschäftigungsverhältnisse eine sachgrundlose Befristung ausschließen, oder ob eine zeitliche Grenze gezogen werden muss. Aus dem klaren Gesetzeswortlaut war bisher gefolgert worden, dass jegliche Vorbeschäftigung befristungsschädlich war. Selbst wenn eine heute einzustellende Mitarbeiterin vor 30 Jahren unter ihrem Mädchennamen bei einem mittlerweile durch Betriebs-übergang hinzugekommenen Unternehmen für wenige Tage als studentische Aushilfe gearbeitet hatte, durfte damit keine Zeitbefristung mehr vereinbart werden.

Hieran hatte der Gesetzgeber auch nichts geändert, obwohl in Literatur und Wirtschaft erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Regelung geäußert worden waren. Der Gesetzgeber hatte sich jedoch in der Vergangenheit trotz mehrerer Anstöße nicht bereit gefunden, solche Zeitbefristungen zumindest nach einer gewissen Karenzzeit wieder zuzulassen. Auch der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hatte noch vor 1 ½ Jahren eine Revisionszulassung mit der Begründung verneint, dass doch schon seit Jahren entschieden sei, dass es auf den zeitlichen Abstand zwischen beiden Arbeitsverhältnissen nicht ankomme.

Das BAG hat mit Urteil vom 06. April 2011 (7 AZR 716/09) nunmehr in einem vollkommenen Schwenk entschieden, dass bei der sachgrundlos befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers Vorbeschäftigungszeiten, die länger als drei Jahre zurückliegen, keine Rolle mehr spielen. Die Dauer dieser Karenzzeit hat das BAG aus der dreijährigen Verjährung im Arbeitsrecht gefolgert.

Diese inhaltlich wohl richtige, juristisch jedoch wegen ihrer Hinwegsetzung über einen klaren Gesetzeswortlaut bedenkliche Entscheidung, liegt bisher nur in einer Pressemitteilung vor. Es wird noch abzuwarten bleiben, welche einzelnen Folgerungen aus den Urteilsgründen sich ergeben werden. Nach dem klaren Wortlaut der Pressemitteilung wird jedoch eine Zeitbefristung möglich sein, wenn die Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurückliegt.

Das Urteil ist grundsätzlich begrüßenswert, da es zur Rechts­sicher­heit beiträgt. Nunmehr ist klargestellt, für welchen Zeit­raum sich der Arbeitgeber im Fall einer sachgrundlosen Befristung über die Existenz einer Vorbeschäftigung absichern muss. Ob dies dann auch mit europarechtlichen Vorschriften zu vereinbaren ist, wird gegebenenfalls der EuGH noch klären. Zumindest sollte nach dieser Entscheidung der Gesetzgeber nunmehr tätig werden und § 14 Abs. 2 TzBfG entsprechend abändern.

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