Beschreibung und Arbeitsfähigkeit der Nutzenergie

Situation

Spricht man vom Energieverbrauch, ist in der Regel der Nutz­energieverbrauch gemeint. Der Begriff Nutzenergieverbrauch wird heute hauptsächlich im Zusammenhang mit technisch-ökonomischen Fragestellungen verwendet.

Eine eindeutige Begriffsdefinition, die die Merkmale und die Er­scheinungsformen der Nutzenergie beschreibt, ist in der Lite­ra­tur nicht zu finden. Die dort vorhandenen Definitionen bzw. Berechnungen orientieren sich an der „Arbeitsfähigkeit“ der Energie. Da hierbei nicht der gesellschaftliche Einfluss berücksichtigt wird, ist dieser Ansatz falsch.

Bach beschreibt 1991 in der Broschüre „Klimaschutz“ [1] den gesellschaftlichen Einfluss auf den Verbrauch von Energien wie folgt:

„Klima und Umwelt gehören zu den gemeinsamen Gütern der Menschheit. Durch eine verfehlte Wirtschafts-, Energie-, Agrar-, Bevölkerungs- und Umweltpolitik der Weltgemeinschaft geraten sie in Gefahr, irreversibel verändert zu werden. Wenn die Natur nicht mehr in der Lage ist, die rücksichtslose Ressourcenausbeutung und Umweltzerstörung abzupuffern, stellt sich für die gesamte Menschheit die Existenz­frage.“

Dieses Zitat hat heute auf Grund der zunehmenden Umweltprobleme und der zunehmenden Versorgungslücken an fossilen Energien nicht an Aktualität verloren.

Aus dem beschriebenen gesellschaftlichen Einfluss müssen drei Fragen bei Definition der Nutzenergie beachtet werden:

Drei Fragen und ...

1. Welchen Inhalt müssen die energetischen Umwandlungsstufen von der Roh- bis zur Nutz-energie und deren optimale Strukturen haben?

2. Ist die vorhandene qualitative und qualitative Charakterisierung der Nutzenergie ausreichend?

3. Welche Größenordnung muss die Einsparung an Nutzenergie haben, um die rücksichtslose Ressourcenausbeutung und Um­weltzerstörung zu verhindern?

Gesellschaftliche Kriterien zur Definition der Nutzenergie, gemeint sind ökonomische Bedingungen, haben sich den ökologischen Bedingungen unterzuordnen.

Das ökologische Kriterium für den Energieverbrauch leitet sich aus dem Energieerhaltungssatz, der die Gleichgewichtsbedingung zwischen dem Verbrauch und der Bildung von Energien beinhaltet, ab.


... drei Erläuterungen zur Beschreibung der Nutzenergie

Die drei Fragestellungen zur Definition der Nutzenergie können folgendermaßen erläutert werden:

1. Die energetische Umwandlungsstufe für die Nutzenergie beginnt bei den in der Natur vorkommenden Rohenergien (fossile Energien) bzw. der Ver­füg­barkeit der regenerativen und der biogenen Energien und endet bei der Befriedigung ener­getischer Bedürfnisse der Gesell­schaft.

Die Frage nach dem Inhalt der energetischen Umwandlungsstufen und deren optimale Struk­turierung müssen in die Definition der Nutzenergie enthalten sein.

Um eine hohe Verfügbarkeit der vorhandenen Rohenergien zu garantieren, müssen die energe­tischen Umwandlungsstufen mit minimalem Energieaufwand realisiert werden.

2. Die Fragestellung muss auch die qualitative und quantitative Ermittlung des Nutzenergieverbrauches beantworten, d. h. welche Energiemenge in welcher Form unbedingt erforderlich ist, um ein energetisches System, gemeint ist ein definierter Lebensraum, funktionstüchtig zu machen bzw. zu erhalten.

Aus den unterschiedlichsten Gründen wurde und wird diese Frage unzureichend beantwortet. Die Folge sind volkswirtschaftliche Fehlentscheidungen.

3. In der Definition der Nutzenergie muss auch der Begriff der Energieeinsparung enthalten sein. Energieeinsparung heißt heute und zukünftig die ökologisch und ökonomisch verfügbaren fossilen, regenerativen und biogenen Energien effektiver als bisher zu verwerten.

Eine qualifizierte und quantifizierte Energieeinsparung lässt sich nur durch eine umfassende Datenerhebung, d. h. eine Bewertung nach ökologischen, wärmetechnischen und ökonomischen Gesetzmäßigkeiten bzw. Grundsätzen, durchführen.

Ein Problem bei der Bewertung der Energieeinsparung:

In der Praxis ist zur Ermittlung von Energieeinsparungen eine Viel­zahl physikalischer, techni­scher, ökonomischer und ökologischer Größen erforderlich, die nicht alle messbar sind bzw. mit den vorhandenen Mess-Systemen nicht genau erfasst werden können. Ein Beispiel ist die zu be­wertende Größe der Bewirtschaftung und der Nutzung eines energetischen Systems.

Inhaltlicher Charakter

physikalischer Charakter

Die Nutzenergie ist eine im Stadium der Verwertung wirksame Energieart, d. h. der Nutzenergie­verbrauch ist keine physikalisch bestimmbare, sondern eine gesellschaftliche Kategorie. Diese umfasst das technisch-ökonomische, das soziale sowie das ökologische Wesen.

Quantitative Merkmale der Nutz­energie ergeben sich aus dem ökologischen, energetischen und ökonomischen Inhalt.

Bereitstellung der Energie

Energieumwandlungsprozesse für die in der Natur vorkommenden unterschiedlichen Energien müssen von Menschen organisiert werden bzw. sein, um die physikalische Eigenschaft, nämlich die Fähigkeit an ihrer Umgebung Arbeit, gemeint ist die Befriedigung von gesellschaftlichen Ansprüchen, verrichten zu können.

Zweck der Nutzenergie

Der Zweck ist die Befriedigung energetischer Ansprüche durch die Anwendung bzw. den Verbrauch von Nutzenergie.

Änderungen von gesellschaftli­chen Bedürfnissen verursachen Ver­änderungen im Nutzenergie­ver­brauch. Sie sind in einem gewissen Zeitraum in ihrer Höhe und Struktur bestimmbar.

Überzogene gesellschaftliche Bedürfnisse, wie sie Bach in [1] als ungehemmte Imponier-, Amüsier- und Verschwendungssucht beschreibt, lassen sich durch die Einführung eines zulässigen maximalen gesellschaftlichen Nutz­energieverbrauchs nach ökologischen Kriterien vermeiden.


Die Definition der Nutzenergie

Die Definition der Nutzenergie lässt sich aus dem inhaltlichen Charakter ableiten.

Nutzenergie ist in verschiede­nen physikalisch definierten Energieformen, z. B. Fernwärme, wirksam. Ihre Arbeitsfähigkeit ist abhängig von den eingesetzten Ausgangsenergien und den Umwandlungsstufen.

Nutzenergie muss realisiert sein in nichtenergetischen erzeugten Produkten und bereitgestellten Leistungen, wofür in einer konkreten Umwelt in einem konkreten Zeitraum konkrete Technologien vorhanden sind bzw. zur Anwendung bereitstehen.

Nutzenergie ist die Energie, die durch Umwandlung unterschiedlicher Energien unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel wieder gewonnen wird.


Beschreibung

der Arbeitsfähigkeit

Zur wärmetechnischen Beschreibung der Arbeitsfähigkeit der Nutzenergie müssen die in der Natur vorkommenden Rohenergien (fossile Energien) bzw. die Verfügbarkeit der regenerativen und der biogenen Energien angesetzt werden.

Die fossilen, regenerativen und biogenen Energien durchlaufen bis zu ihrer Vernichtung als Nutz­energie verschiedene ver­lust­be­haftete Umwandlungsstufen (Ge­winnung, Transport, Umwand­lung), auch Energieverluste genannt, wodurch sie an Arbeits­fähigkeit verlieren.

Die entsprechende Bilanzgleichung zur Berechnung der Nutzenergie lautet:


ENu = ER - (EG + ET + EU) (1)


Dabei sind:

ER = fossile, regenerative und

biogene Energien

ENu = Nutzenergie

EG = Energieverluste bei der

Gewinnung

ET = Energieverluste beim

Transport

EU = Energieverluste bei der

Umwandlung


Der Term (EG + ET + EU) steht für die gesamten Energieverluste während der Umwandlungsstufen.

Aus dem Irreversibilitätsprinzip ergibt sich, dass der Ausnutzungsgrad für die verwendeten fossilen, regenerativen und biogenen Energien bezogen auf den Nutzenergieinhalt kleiner als 1 ist.

Um einen hohen Ausnutzungsgrad der eingesetzten Ausgangsenergien zu erreichen, müssen die Energieverluste für die einzelnen Umwandlungsstufen so gering wie möglich sein.


Heinrich Timm, Ing. für Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik, 19273 Tripkau















































Literatur


[1] Bach „Klimaschutz“ Verlag C.F. Müller, 1991
x

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