Mit gutem Beispiel vorangehen

2. Energieeffizienztag von Ziehl-Abegg

Zum zweiten Mal veranstaltete der Ventilatorenhersteller Ziehl-Abegg in Schwäbisch Hall seinen Energieeffizienztag. Um Ventilatoren ging es dabei aber nur am Rande. Der hochkarätige Vortragsreigen spannte den Bogen von Fördermitteln über die ISO 50001 bis hin zu anderen europäischen und nationalen Richtlinien rund um das Thema Energieeinsparung. Vor allem standen jedoch Best-practice-Beispiele auf der Agenda, anhand derer aufgezeigt wurde, wie die Technische Gebäudeausrüstung dazu beitragen kann, die Klimaschutzziele zu erreichen.

Politik hat keinen Plan

In seiner Ansprache bemängelte BTGA-/FGK-Geschäftsführer und Moderator Günther Mertz, dass die politischen Rahmenbedingungen nicht geeignet seien, die Energieeffizienz im Gebäudebereich voranzutreiben: „Ich kann leider keinen Plan der Bundesregierung erkennen, wie die erforderlichen Energieeinsparmaßnahmen in unserer Branche geschafft werden können. Es fehlen die Anreize. Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Energieeffizienzmaßnahmen stehen nach wie vor in den Sternen. Und anstatt sinnvoll in den Klimaschutz zu investieren, werden große Summen im Haushalt eingestellt, mit denen die zu erwartenden Strafgelder der EU beglichen werden sollen, wenn Deutschland seine Klimaschutzziele verfehlt.“ 

Für Unverständnis sorgt bei Günther Mertz auch, dass die Politik den vergleichsweise geringen CO2-Vermeidungskosten im Gebäudebereich zu wenig Beachtung schenke. „Um eine Tonne CO2 einzusparen, muss man im Gebäudebereich ca. 20 € investieren. Im Vergleich dazu sind das bei einer Photovoltaikanlage etwa 400 €/t CO2.“

Auch das geplante Gebäude­energiegesetz (GEG), das im Referentenentwurf vorliegt, setze kaum neue Impulse – wenn es denn wie angekündigt komme. Es sei in großen Teilen bloß eine Zusammenfassung und Fortschreibung der Inhalte aus Ener­gie­ein­spa­rungs­gesetz (EnEG), Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und Energieeinsparverordnung (EnEV) – und zudem in manchen Abschnitten auch noch widersprüchlich.


Europäische Gremien und babylonische Sprachverwirrung

Gleiches gelte für etliche Vorgaben in europäischen und nationalen Regelungen, wie FGK-Normenexperte Claus Händel aufzeigte. „Viele Anforderungen passen einfach nicht zusammen, lassen Interpretationsspielraum zu oder widersprechen sich. Ein weiteres Problem sind die unterschiedlichen Sprachfassungen, Begriffsbestimmungen und Bewertungskriterien in der EU.“

Er führte zwei Beispiele an: Küchenabluft werde in den Niederlanden als Lüftungstechnik und in Tschechien als Prozesstechnik angesehen. Und Schwimmbadluft werde in Irland als korrosiv betrachtet, andernorts nicht. Und wer einmal selbst versucht, eine lupenreine Definition von Wohnungslüftungsgerät, Ventilator, Ventilatorkonvektor oder multifunktionales Lüftungsgerät abzugeben – und das bitte in mehreren europäischen Sprachen – wird nachvollziehen können, dass einem die Mitarbeit in europäi­schen Gremien wie der Turmbau zu Babel vorkommen muss – inklusive der Sprachverwirrung.
„Rufen Sie bei Fragen aber bitte nicht bei der zuständigen nationalen Marktüberwachungsbehörde an – wenn Sie überhaupt herausfinden, welche das ist“, riet Claus Händel. Zum Teil herrsche dort selbst Unkenntnis in Detailfragen, zum Teil ließen sich manche Fragen gar nicht rechtssicher beantworten, weil die Verordnungslage nicht eindeutig sei. Die nicht zufriedenstellende Erkenntnis: „Wer viel fragt, bekommt viel Antwort.“

Die TGA-Branche hat gute Argumente

Die Veranstalter und Referenten des Energieeffizienztages hatten die Teilnehmer aber nicht nach Schwäbisch Hall gerufen, um nur gemeinsam die Situation zu beklagen. „Wenn die Politik nicht hilft, müssen unsere guten Argumente helfen“, ermunterte Günther Mertz. Und gute Argumente hat die TGA-Branche; das wurde bei der Vorstellung der vielen Best-practice-Beispiele deutlich.

Ein spannendes Projekt in diesem Zusammenhang ist die energetische Sanierung einer RLT-Anlage bei Beiersdorf in Hamburg, das vom zuständigen Facility Manager Jens Pruszynski vorgestellt wurde. Auf dem Dach eines Produktionsgebäudes musste die RLT-Anlage erneuert werden – ein Komplettaustausch kam jedoch nicht in Frage, weil der Platz für eine Neuanlage aufgrund der größeren Abmessungen heutiger Geräte nicht vorhanden war. Die Lösung war der Einsatz des „ZAcube“-Ventilatorsystems von Ziehl-Abegg (www.ziehl-abegg.de), das bei laufendem Betrieb ohne Produktionsstillstand installiert wurde – das Ergebnis war eine deutliche Reduzierung der Ener­gie­kosten und eine Erhöhung der Ausfallsicherheit.
Weitere Referenzen, in denen ein Ventilatortausch zu deutlichen Energie- und Kosteneinsparungen geführt hat, betrafen die Küchenzuluft im Golfclub Neuburg (Energieeinsparung: 46 %), die Zu- und Abluft in einem Mercure-Hotel (22 % Einsparung) oder die Zu- und Abluft in einem Flughafen-Bürotrakt (55 % Einsparung). Auch die energetische Sanierung von Rückkühlern in der BritNed-Umrichterstation in Rotterdam, bei der Ziehl-Abegg-Ventilatoren zum Einsatz kamen, passt gut in diesen Zusammenhang.
Bei diesen Zahlen müsste jeder Betriebswirt von sich aus aktiv werden, weil sich die In­ves­ti­tio­nen in der Regel innerhalb kürzester Zeit amortisieren – von besseren Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter und einer Erhöhung der Ausfallsicherheit von Produktionsanlagen ganz zu schweigen. Wer weitere positive Referenzen sucht: Auf der Webseite der Kampagne „Ventilatortausch macht’s effizient“ (//ventilatorentausch.de:http://ventilatorentausch.de) gibt es weitere Beispiele und Informationen zu Fördermöglichkeiten.


Packen wir es an!

Bei allem Unmut, der sich einstellt, wenn man das auf der Veranstaltung geschilderte Verhalten unserer Politiker und Behörden betrachtet, so blieb am Ende des 2. Energie­effi­zienz­tages von Ziehl-Abegg die Erkenntnis, dass unsere Branche viel bewegen kann (und muss) in Sachen Klimaschutz. Auch wenn der Berg an ineffizienter Anlagentechnik, den es diesbezüglich abzuarbeiten gilt, erschreckend hoch ist. Bis Ende 2020 müssten beispielsweise vor dem Hintergrund von § 12 EnEV noch 250.000 RLT-Anlagen energetisch inspiziert werden – von damit verbundenen Sanierungsmaßnahmen ganz zu schweigen. Die augenzwinkernd geäußerte Begrüßung von Günther Mertz am Anfang des Kongresstags darf man daher getrost als ernst zu nehmende Aufforderung betrachten: „Was sitzen Sie hier noch rum? Sie haben richtig was zu tun!“

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