Energetische Bewertung von Hallenfußbodenheizungen

Studie liefert neue Erkenntnisse

Gesetzliche Vorgaben, Kosteneinsparungen, aber auch ein wachsendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Klimaschutz stellen das Thema Wärmedämmung auch im Hallenbau zunehmend in den Vordergrund. Bei großer Raumhöhe ist es besonders wichtig, die Verteilung der gewünschten Raumtemperatur optimal und wirtschaftlich zu gestalten sowie Wärmeverluste an das Erdreich zu minimieren. Der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF) möchte mit diesem Fachartikel die neuesten Erkenntnisse aus der gemeinsam mit dem BDH in Auftrag gegebenen ITG-Studie aufzeigen, um eine Überdimensionierung der Heiz- und Anlagentechnik zu vermeiden.

Industriefußbodenheizungen für Hallen fallen unter die Vorschriften des GEG Teil 2.2 Errichtung von Nichtwohngebäuden und hier insbesondere unter den § 18 Gesamtenergiebedarf.  Für die Berechnung der Energiebilanz werden Nichtwohngebäude in Nutzungszonen eingeteilt. Der berechnete Wert für die Anlagentechnik bezogen auf die Gebäudenettofläche darf 75 % des Jahres-Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes nicht überschreiten. Hinzu kommt, dass Neubauten einen Teil des benötigten Wärme- und Kältebedarfs über Quellen aus erneuerbaren Energien decken müssen (GEG § 34).  Somit  gilt der Auslegung der Anlagentechnik besonderes Augenmerk.

Welche Dämmvorschriften gelten für Hallen?

Bei zu errichtenden Gebäuden sind Bauteile, die gegen die Außenluft, das Erdreich oder Gebäudeteile mit wesentlich niedrigeren Innentemperaturen abgrenzen, so auszuführen, dass die Anforderungen des Mindestwärmeschutzes (GEG § 11) nach den anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Hier ist im Besonderen die DIN 4108-2 zu beachten.

Eine Wärmedämmung der Bodenplatte ist nicht notwendig bei:

Industriebauten mit einer Norm-Innentemperatur ≤12°C
Industriebauten mit einer Norm-Innentemperatur von mehr als 12°C und weniger als 19°C

Grundsätzlich wirkt sich jedoch eine Bodendämmung positiv auf die Betriebskosten der Anlagentechnik aus. Darüber hinaus danken es auch die Beschäftigten in einer Produktionshalle, wenn das Raumklima konstant und angenehm ist. Die Mitarbeiter werden durch das optimierte Klima seltener krank und die Zufriedenheit am Arbeitsplatz steigt. Nicht zuletzt erfüllen Arbeitgeber zudem auch die gesetzlichen Anforderungen an die Arbeitsstättenverordnung.

Mit der ITG-Studie „Genauere Berücksichtigung teilgedämmter Bodenplatten bei Hallenfußbodenheizungen in Energiebedarfsrechnungen nach DIN V 18599“ möchte der BVF auf die Vorteile der Bodendämmung insbesondere bei der Auslegung der Anlagentechnik hinweisen.

Was untersucht die ITG-Studie?

Die Ausführung der Wärmedämmung erdreichberührender Hallenbodenplatten kann wesentlichen Einfluss auf die Wärmeverluste haben. Im Rahmen von Energiebedarfsberechnungen nach DIN V 18599 für Hallen mit Fußbodenheizungen wirkt sich die Ausführung von Bodenplatten – einschließlich deren Wärmedämmung – an zwei Stellen aus, einmal in der Wärmebilanz des Gebäudes nach Teil 2 und einmal in der darauf aufbauenden Ermittlung ggf. zusätzlicher Verluste der Anlagentechnik (Teil 5). Die Norm bietet sowohl in Teil 2 als auch in Teil 5 einen gewissen Unterscheidungsspielraum hinsichtlich der Ausführung der Bodendämmung – u. a. durch pauschale Kategorisierungen der Ausführung von Bodenplatten und ihrer Dämmungen (siehe Temperatur-Korrekturfaktoren nach Tabelle 6 DIN V 18599-2:2018-09).

Die ITG-Studie untersucht die bestehenden Möglichkeiten des Verfahrens nach DIN V 18599:2018-09 zur Abbildung teilgedämmter Bodenplatten sowie im Vergleich das alternative Verfahren nach DIN EN ISO 13370 „Berechnungsverfahren der Wärmeübertragung über das Erdreich“.

Wärmeverluste an das Erdreich nach DIN V 18599

Die Berechnung der Transmissionswärmeverluste an das Erdreich kann im Rahmen von Energiebedarfsberechnungen nach DIN V 18599 vereinfacht mit Temperaturkorrekturfaktoren erfolgen. Berücksichtigt werden hierbei folgende Einflussparameter in vergleichsweise grober Unterteilung:

Bodenplattengeometrie durch das charakteristische Bodenplattenmaß B (4 Abstufungen)
Wärmedurchlasswiderstand der Bodenplatte (4 Abstufungen)
Randdämmung (3 Varianten: Ohne, 5 m horizontal, 2 m vertikal)
Grundwasser (2 Varianten: Fließend, nicht fließend)

Die Tabelle 1 zeigt die einzusetzenden Faktoren für Bodenplatten auf Erdreich. Der Temperaturkorrekturfaktor kann als Minderungsfaktor der den Wärmestrom antreibenden Temperaturdifferenz verstanden werden; gleichermaßen gibt er das Verhältnis zwischen dem indirekt über Erdreich erfolgenden Wärmestrom und dem Wärmestrom an, der sich ohne Erdreichwirkung direkt an Außenluft ergäbe. Ein Faktor von 0,6 bedeutet bspw. eine Verringerung des Wärmestroms durch Erdreich auf 60 % eines analogen Wärmestroms direkt an Außenluft. Deutlich wird hierbei allerdings, dass die hier angegebenen Bodenplattenmaße den in der heutigen Praxis üblichen nicht entsprechen.

Der vereinfachte Ansatz mit Temperaturkorrekturfaktoren ist aus Anwendersicht problemlos anwendbar auf folgende Fälle:

Alle Bauteile des unteren Gebäudeabschlusses für eine undifferenzierte Betrachtung. Es darf ein einheitlicher Korrekturfaktor von 0,8 für alle Bauteile des unteren Gebäudeabschlusses angenommen werden.
Vollflächig ungedämmte und vollflächig gedämmte Bodenplatten ohne (zusätzliche) Randdämmung
Vollflächig ungedämmte und vollflächig gedämmte Bodenplatten mit (zusätzlicher) ­Randdämmung in einer der beiden genannten Ausführungen, wobei der Wärmedurchlass-Widerstand der Randdämmung R > 2 m²K/W sein muss.

Berechnung nach DIN EN ISO 13370

Gemäß DIN V 18599-2 stellt die Berechnung von Transmissionswärmeverlusten an das Erdreich mithilfe des stationären Wärmeübertragungskoeffizienten Hg aus der DIN EN ISO 13370 den Standard-Rechenweg dar.


Bild: BVF

Bild: BVF

Der Wärmetransferkoeffizient HT,s wird detaillierter nach DIN EN ISO 13370 ermittelt. Der hierbei heranzuziehende Wärmedurchgangskoeffizient Ufg,sog bildet die thermische Wirkung der Bodenplatte und des Erdreichs gemeinsam ab. Bild 1 zeigt die zugrundeliegende Idee vereinfacht als elektroanaloges Widerstandsmodell.

Der stationäre Wärmetransferkoeffizient Hg nach DIN EN ISO 13370 ist aus Anwendersicht problemlos anwendbar auf folgende Fälle:

Vollflächig ungedämmte und vollflächig gedämmte Bodenplatten ohne (zusätzliche) Randdämmung
Vollflächig ungedämmte und vollflächig gedämmte Bodenplatten mit (zusätzlicher Randdämmung beliebiger Ausführung und Abmessungen)

Die Randdämmung kann mit ihren tatsächlichen Abmessungen (Dicke sowie Tiefe/Breite) und ihrem Wärmeleitwert berücksichtigt werden. Die einzige Beschränkung für eine rechnerisch möglichst gute Abbildung ergibt sich aus der linienförmigen Modellierung der Randdämmung in der Berechnung: Die Breite bzw. Tiefe der Randdämmung sollte im Verhältnis zu den Bodenplattenabmessungen klein sein. Der Berechnungsansatz nach DIN EN ISO 13370 liefert gute Näherungsergebnisse bei der Bewertung von Randdämmungen sowie ungedämmter Bodenplatten und bei zusätzlichen Randdämmungen an bereits flächig gedämmten Bodenplatten. Damit ist der Ansatz für beide Fälle anwendbar.

Beispielrechnung anhand einer Modelhalle

Für die Berechnungen wird beispielhaft eine Fertigungshalle mit den Außenabmessungen 100 m x 100 m x 12 m herangezogen (siehe Bild 2). Die Gebäudeparameter sind wie in Tabelle 2 beschrieben festgelegt.

Als Anlagentechnik wurde eine direkte Beleuchtung mit LED-Leuchten sowie einem Tageslichtanteil über Fenster/Dachlichter gewählt. Eine natürliche Lüftung und ein zentraler Speicher zur Trinkwassererwärmung liegen vor. Die Wärmeübergabe ist als Fußbodenheizung in verschiedenen Ausführungsvarianten (siehe Tabelle 3) festgelegt worden. Die Tabelle zeigt ebenfalls alle Varianten von Bodenplatten.

Die Berechnungsergebnisse (Tabelle 4, rot umrandet) zeigen, dass die Berechnung mittels Korrekturfaktoren besonders bei großen Bodenplatten mit nur moderater oder gänzlich ohne Dämmung zu einer deutlichen Überschätzung der Wärmeverluste über Erdreich gegenüber der genaueren Betrachtung nach DIN EN ISO 13370 führt.

Dabei spielt die Bodenplattengröße und -form eine deutliche Rolle. Das charakteristische Bodenplattenmaß beträgt 50 m und führt in allen dargestellten Berechnungsmethoden zu einer vergleichsweise starken Verringerung der Wärmeverluste über Erdreich gegenüber ungestörter Transmission an Außenluft. Für kleinere Bodenplatten und/oder weniger kompakte Grundflächen ist ein höherer Einfluss der Bodendämmung zu erwarten.

Fazit

Die Studie zeigt, dass bei der Auslegung der Heiz- und Anlagentechnik einer Halle eine genauere Ermittlung des Primärenergiebedarfs sinnvoll ist. Die Berechnung mittels Temperaturkorrekturfaktoren führt besonders bei mittleren und großen Bodenplatten, wie bei Lager- und Logistikhallen gängig, mit nur moderater oder gänzlich ohne Dämmung zu einer Überschätzung von bis zu 30 % des Primärenergiebedarfes gegenüber der exakteren Betrachtung nach DIN EN ISO 13370 (siehe Tabelle 4).

Um eine Überdimensionierung der Fußbodenheizung und auch des Wärmeerzeugers, bspw. einer Wärmepumpe, zu verhindern und damit eine wirtschaftliche sowie CO2- reduzierte Betriebsweise zu garantieren, empfiehlt der BVF (www.flaechenheizung.de) bei mittleren und großen Bodenplatten den Primärenergiebedarf nach DIN EN ISO 13370 zu berechnen.

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