Doppelter Nutzen der adiabaten Verdunstungskühlung

Luftbefeuchtung zur Raum- und Prozesskühlung
Eine Direktraum-Luftbefeuchtung kann sowohl für die Konditionierung der Raumluft als auch zur Prozesskühlung eingesetzt werden. Am Beispiel des Automobilzulieferers Hella wird aufgezeigt, welchen positiven Einfluss das Prinzip der adiabaten Kühlung auf die Prozesssicherheit und den Energieverbrauch hat.

Es wird immer wärmer: Ein Blick auf die Statistiken zeigt einen langfristig globalen Temperaturanstieg. Die letzten sieben Jahre seit 2015 waren die weltweit wärmsten Jahre. Damit nehmen auch die Belastungen in vielen Gewerbe- und Produktionsgebäuden zu. Zu hohe Temperaturen können Materialien und Maschinen beeinträchtigen und haben einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit und Arbeitsproduktivität. Die Folgen reichen von Kopfschmerzen, Übelkeit, Erschöpfung bis hin zur Dehydrierung und im gravierenden Fall Hitzeschlag. Studien zeigen für Zeiten hoher Wärmebelastung Produktivitätsabnahmen von 3 bis 12 %. Abnehmende Konzentration, erhöhte Fehler- und Unfallanfälligkeit und geringere Kreativität wirken sich direkt auf die Leistungsfähigkeit aus und kosten Unternehmen Geld.

Geringere Energiekosten

Die Abkühlung von Produktions- und Arbeitsräumen erfordert im Regelfall große Kühlleistungen und verursacht hohe Energiekosten. Mit dem Prinzip der adiabaten Verdunstungskühlung können die Kosten für den Einsatz von Klimageräten um ein Vielfaches reduziert werden. Luftbefeuchter, die direkt im Raum einen ultrafeinen Sprühnebel erzeugen, kühlen energieeffizient und schützen Gesundheit und Material. Die Kühlung entsteht, indem kaltes Wasser in der Umgebungsluft verdampft. Die Änderung des Aggregatzustandes von flüssig zu gasförmig erfordert Energie, die der Luft in Form von Wärme entzogen wird. Die Luft kühlt sich durch die Verdunstung des Wassers ab. Da dieser Prozess stattfindet, ohne dass Wärmeenergie mit der Umgebung ausgetauscht wird, spricht man von einer adiabaten (wärmedichten) Verdunstung. Dieses Prinzip der adiabaten Verdunstungskühlung nutzt auch der Automobilzulieferer Hella. Das Hella Werk in Recklinghausen fokussiert sich auf die Produktion von Fahrpedal- und Lenkwinkelsensoren sowie unterschiedliche Aktuatoren und setzt zur Qualitätssicherung und Kühlung eine Direkt-Raumluftbefeuchtung von Condair Systems ein.

Zerstäubung mit Hochdruck

Zum Schutz vor Elektrostatik wurde bei Hella erstmals 2011 eine Direkt-Raumluftbefeuchtung installiert und seitdem mehrfach erweitert bzw. aktualisiert. Die direkt in den Produktionshallen installierten Hochdruckdrüsen-Luftbefeuchter vom Typ „TurboFog“ versprühen bei Bedarf einen mikrofeinen Nebel, der sofort von der Raumluft aufgenommen wird und sich dort gleichmäßig verteilt. Die Aktivierung der Luftbefeuchter erfolgt durch digitale Steuersysteme, die die Klimasituation in den Hallen permanent kontrollieren und den optimalen Sollwert von 50 % relativer Luftfeuchte punktgenau regeln. Die ultrafeine Vernebelung mit einer Tröpfchengröße von unter 15 μm wird durch eine Hochdruck-Pulsation erreicht, die das Wasser mit bis zu 85 bar durch die Hochleistungsdüsen presst. Für Thomas Hering, Leiter Technical Service bei Hella, hat diese Technologie den gewünschten Mehrwert der adiabaten Kühlung: „Die vollständige Absorption der mikrofein vernebelten Wassertropfen entzieht der Hallenluft Wärme und wirkt sich im Sommer sehr positiv auf unsere Mitarbeiterzufriedenheit aus. Dadurch ist eine Senkung der Temperatur um bis zu 2 °C möglich, die das Wohlbefinden in den Hallen spürbar steigert und zudem noch sehr wirtschaftlich ist: 100 l Wasser einer Hochdruckdüsen-Luftbefeuchtung absorbieren rund 70 kW Wärme bei nur 0,6 kW Energieaufwand.“

Zusätzliche Prozesskühlung

Das Prinzip der adiabatischen Kühlung macht sich Hella nicht nur innerhalb der Fertigung zu Nutze, sondern mit einer zusätzlichen Luftbefeuchtung auch außerhalb auf den Hallendächern: Dort sind luftgekühlte Kälteanlagen als Kaltwassersatz zur Umlaufkühlung für die Hallen im Einsatz. Der angeschlossene Wasserkreislauf zirkuliert kaltes Wasser, das die Prozesswärme aus den Hallen aufnimmt und mit höheren Temperaturen zurück zum Kältemittel des Flüssigkeitskühlers führt. Über das verdichtete Kältemittel wird die Wärme an die Luft abgegeben und das Wasser erneut im geschlossenen Kreislauf abgekühlt. „In den vergangenen heißen Sommern gab es häufiger Funktionsausfälle der Kälteanlagen, weil das Kältemittel sich durch die Hitze auf den Dächern immens ausdehnte und den Druck im Kaltwassersatz zu stark anstiegen ließ. Auf Empfehlung von Condair Systems haben wir seit 2021 ein zusätzliches Luftbefeuchtungssystem nur für die Prozesskühlung der Kälteanlagen auf den Dächern installiert. Seitdem funktioniert die Umlaufkühlung auch im Sommer störungsfrei“, erläutert Thomas Hering. Im Unterschied zur Luftbefeuchtung innerhalb der Elektronik-Fertigung ist im Außenbereich das System „ML Flex“ installiert, das durch seine Bauweise und Leistung auch den extremen Bedingungen auf Dächern standhält. Das „ML Flex“-System wird durch eine Hochdruckpumpe betrieben und kühlt gezielt über einen aus Edelstahl gefertigten Düsen-Strang die Umgebungsluft der Kältemaschine. Der adiabatische Kühleffekt verhindert, dass das Kältemittel sich auch im Sommer zu stark ausdehnt.

Zuverlässigkeit entscheidend

Durch Erweiterungen und Optimierungen ist in den vergangenen Jahren das Luftbefeuchtungssystem bei Hella kontinuierlich mitgewachsen: Zuletzt wurde eine weitere Halle mit zusätzlichen Luftbefeuchtern vorbereitet und ein Labor von einer Dampf- auf eine Hochdruck-Luftbefeuchtung umgerüstet. „Für unser Facility Management ist es wichtig, die Systeme über die Jahre beherrschen zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Nach 10 Jahren guter Zusammenarbeit, gab es für uns daher keinen Grund den Hersteller zu wechseln“, erklärt Thomas Hering. „Zuverlässigkeit und Prozesssicherheit spielen bei uns eine übergeordnete Rolle“, ergänzt Martin Ennemann, der das Facility Management in Recklinghausen verantwortet. „Entscheidend bei der Luftbefeuchtung ist dafür die Wasserqualität und das dazugehörige Wartungskonzept“, so Martin Ennemann weiter. Um das Facility Management von Servicearbeiten zu entlasten, ist die mehrstufige Wasseraufbereitung des bei Hella eingesetzten Systems in mobile Kleincontainer eingebaut. Halbjährlich tauscht der Hersteller die Container vollständig gegen komplett gewartete und gereinigte Systeme aus. Hella muss sich dadurch nicht selbst um die erforderlichen Wartungsmaßnahmen kümmern und hat die Sicherheit durchgehend eine hygienische und betriebssichere Luftbefeuchtung zu betreiben. „Die Luftbefeuchtung ist ein stabiler Faktor unserer Qualitätssicherung geworden, sowohl für den ESD-Schutz unserer Fertigung als auch für die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter mit dem Raumklima“, fasst Martin Ennemann den Doppelnutzen für Hella in Recklinghausen zusammen.

Whitepaper Direkt-Raumluftbefeuchtung

Ein Whitepaper über die Einsatzmöglichkeiten einer Direkt-Raumluftbefeuchtung zur adiabatischen Verdunstungskühlung kann hier kostenfrei bestellt werden: https://www.condair-systems.de/kuehlung


tab fragt nach

Condair Systems Fachberater Patrick Gumnior erläutert, was für die Planung einer adiabaten Verdunstungskühlung zu beachten ist.

tab: Was ist für die Planung einer adiabaten Verdunstungskühlung zu beachten, insbesondere in Bezug für die Wasseraufbereitung?

Patrick Gumnior: Die richtige Wasseraufbereitung ist ein elementarer Bestandteil jeder Direkt-Raumluftbefeuchtung. Im Regelfall ist eine Umkehrosmose-Anlage nötig, die das Wasser entmineralisiert und nachgeschaltet durch eine zusätzliche UV-C Bestrahlung vollständig entkeimt. Für besonders sensible Anwendungen, in denen Reinraumbedingungen gefordert sind, wie beispielsweise in der Elektronikindustrie oder für Labor-Arbeitsplätze, ist auch eine Vollentsalzung des Zulaufwassers über eine zusätzliche Prozessstufe möglich. Die geltenden Anforderungen an die Hygiene in Planung, Betrieb und Instandsetzung sind für die Direkt-Raumluftbefeuchtung in der VDI 6022, Blatt 6 geregelt. Eine entsprechende VDI-Zertifizierung des Herstellers inklusive wiederkehrender Vor-Ort-Prüfungen der eingebauten Anlage garantiert, dass der geltende Stand der Technik auch im laufenden Betrieb eingehalten wird.

tab: Produktionshallen haben oft ein großes Raumluftvolumen. Wie kann die Luftbefeuchtung dann effizient durchgeführt werden, bzw. was ist hier zu berücksichtigen?

Patrick Gumnior: Bei Anwendung mit großem Raumvolumen können sehr leistungsstarke Hochdruck-Düsenluftbefeuchter eingesetzt werden, die je Gerät bis zu 32 kg Wasser pro Stunde vernebeln können. Zum Einsatz kommen diese Systeme von der Decke abgehängt vor allem in hohen Produktions- und Lagerhallen mit mindestens 5 m Raumhöhe. Bei geringeren Raumhöhen werden kleinere Geräte sowohl für die Wand- als auch die Deckenmontage geplant. Für effiziente Befeuchtungs- und Kühlergebnisse kommt es auf die richtige Positionierung und Verteilung der Systeme an. Steht der Kühleffekt im Fokus kann die Anordnung der Luftbefeuchter beispielsweise im unmittelbaren Bereich der Warmarbeitsplätze gewählt werden, um eine Art „Kühlglocke“ zu erzeugen.

tab: In den Objekten sind zum Teil Lüftungs- oder Klimaanlagen vorhanden. Wie gestaltet sich dann der Einsatz einer Direktraum-Luftbefeuchtung?

Patrick Gumnior: Die Auslegung und Positionierung der Direkt-Raumluftbefeuchtung geschieht immer mit Berücksichtigung und Abstimmung der vorhandenen Lüftungs- und Klimaanlage. So werden z. B. die Direkt-Raumluftbefeuchter immer in Nähe der Zuluft positioniert, um einen hohen Wirkungsgrad zu garantieren. Auch die Luftwechselraten und der Frischluftanteil spielen eine große Rolle bei der Auslegung. Für einen maximalen Kühleffekt in industriellen Anwendungen sind prinzipiell höhere Luftwechselraten von Vorteil, da sich die Befeuchtung möglicherweise sonst zu häufig nach Erreichen des Feuchte-Sollwertes abschalten würde. Hinsichtlich der Entlastung von Klimaanlagen sollte man sich immer bewusst sein, dass 100 l Wasser einer Hochdruckdüsen-Luftbefeuchtung rund 70 kW Wärme absorbieren, bei nur 0,6 kW Energieaufwand.

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