Vorsicht: Anerkenntnis!

Das aktuelle Baurechtsurteil

Das Anerkenntnis eines Anspruchs kann zum Neubeginn der Verjährung dieses Anspruchs führen. Bewusst wird ein Anerkenntnis wohl eher selten erklärt, allerdings steckt der Teufel im Detail der Erklärung, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10.12.2021 – 13 U 357/20 zeigt. Hier ist der schadensersatzpflichtige Unternehmer noch einmal davon gekommen.

Problemdarstellung

Eine Verjährungsfrist, z.B. Gewährleistungsansprüche betreffend, beginnt gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB von neuem zu laufen, wenn ein Schuldner innerhalb der ursprünglichen Verjährung dem Gläubiger gegenüber einen Anspruch anerkennt. Übertragen auf baurechtliche Sachverhalte kann ein solches Anerkenntnis bereits dann anzunehmen sein, wenn der Unternehmer dem Besteller gegenüber eine mangelhafte Ausführung eingesteht. Abgesehen vom Einfluss auf die Verjährung bewirkt ein Anerkenntnis oftmals auch eine Umkehr der Beweislast zu Lasten des Unternehmers.

Inhaltlich knüpft die Rechtsprechung zwar verhältnismäßig hohe Anforderungen an ein Anerkenntnis in diesem Sinne und verlangt insbesondere, dass der Schuldner mit der Abgabe der Erklärung das in Rede stehende Schuldverhältnis dem Streit entziehen und festlegen möchte. An dieser Definition wird aber deutlich, dass es stets auf die Auslegung einer bestimmten Erklärung im konkreten Einzelfall ankommt und nicht etwa auf die Verwendung bzw. Vermeidung des Wortes „Anerkenntnis“ oder dessen Synonyme.

Mit den Anforderungen an ein solches Anerkenntnis und dessen Rechtsfolgen hat sich das Oberlandesgericht Stuttgart in einer Entscheidung vom 10.12.2021 (Az. 13 U 357/20) auseinandergesetzt.

Sachverhalt

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung eines Schadensersatzes von ca. 25.000 € für die Reparatur einer Zwischendecke verklagt. Dem zugrunde liegt die Beauftragung der Beklagten mit Reparaturarbeiten an der klägerischen Klimaanlage, die im Jahr 2014 fertiggestellt wurden. Im Zuge der Arbeiten soll es durch Unachtsamkeit der Beklagten zu Beschädigungen der Zwischendecke gekommen sein. Die Klägerin meldete den Schaden im Jahr 2015, woraufhin die Parteien über mehrere Monate korrespondierten und schließlich ein Telefonat zwischen den beiden Geschäftsführern erfolgte, dessen Inhalt aber streitig ist. Letztlich nachweisen konnte die Klägerin folgenden Sachverhalt:

Nach der Anzeige des Schadens meldete sich die Beklagte im Dezember 2015 bei der Klägerin mit der Bitte um Überreichung von Schadensfotos, um – nach eigenen Angaben – die Angelegenheit prüfen zu können. Anschließend wolle sich die Beklagte darum kümmern. Auf Nachfrage der Klägerin im Januar 2016 erklärte die Beklagte, sie habe den Vorgang mittlerweile ihrem Haftpflichtversicherer gemeldet.

Die Klägerin unternahm dann zunächst nichts und hat, nachdem die Beklagte seit dem Jahr 2016 nicht mehr reagierte, im Dezember 2018 eine Zahlungsklage erhoben. Im Prozess hat die Beklagte die Verjährung eingewendet. Das zuständige Landgericht hat die Klage wegen eingetretener Verjährung abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und ebenfalls auf die Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche abgestellt. Nach Auffassung des Gerichts sei vorliegend die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller hiervon Kenntnis erlangt hat, einschlägig, sodass die Verjährung mit Ablauf des 31.12.2017 eingetreten sei. Zwar hätten verjährungshemmende Verhandlungen zwischen den Parteien stattgefunden, dies jedoch nur über einen Zeitraum von wenigen Monaten, was zur Überbrückung der Verjährungslücke im Zeitraum Januar bis Dezember 2018 nicht ausreiche.

Sollten jedoch die Erklärungen der Beklagten im Dezember 2015 und im Januar 2016 als Anerkenntnis zu werten sein, wäre die Verjährungsfrist gewahrt worden. Dies sei hier jedoch nach Auffassung des Oberlandesgericht Stuttgart nicht der Fall gewesen, weil die Klägerin allein aufgrund der Anforderung von Schadensunterlagen und dem Inaussichtstellen der Beklagten, sich „um die Angelegenheit zu kümmern“ nicht von einer Einstandserklärung habe ausgehen dürfen. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere auch die beklagtenseitige Meldung des Vorgangs an den Haftpflichtversicherer, woraufhin die Klägerin daher nun auf jeden Fall damit habe rechnen müssen, dass die Beklagte eigenmächtig keine rechtsverbindlichen Erklärungen abgeben wird.

Hier ist für den Unternehmer noch einmal alles gut gegangen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart ist rechtlich vertretbar, beleuchtet aber auch die Risiken unbedarfter, auf den ersten Blick harmlos wirkender Äußerungen.

RA Jochen Zilius,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bau- und Architektenrecht
Bild: medlay, Jörg Kersten

RA Jochen Zilius,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bau- und Architektenrecht
Bild: medlay, Jörg Kersten

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