Exklusiver Online-Beitrag: Ovale und adiabate Spezialitäten

Wärmetauscher-Produktion bei Refrion in Italien

Die italienische Firma Refrion ist ein Hersteller von Wärmetauschern, Verflüssigern und Rückkühlern. In Deutschland ist das Unternehmen bislang kaum unter eigenem Namen in Erscheinung getreten, weil man vor allem als Lieferant für andere Hersteller aktiv war. Vielerorts sind daher auch hierzulande bereits Refrion-Geräte im Einsatz – wenn auch unter anderem Label. Mit einer veränderten Vertriebsstrategie soll die Marke Refrion nun stärker in den Fokus der Kunden gerückt werden. Die tab-Redaktion hatte die Gelegenheit, sich vor Ort im italienischen Werk ein Bild von den Produktionsbedingungen und den Zielen des Unternehmens zu machen.

Die Refrion-Gruppe wurde 2002 – anfänglich noch unter dem Namen Xchange – von Daniele Stolfo gegründet, der zuvor in führenden Positionen bei ECO und Thermokey tätig war. Wieder von Null, mit einem neuen, eigenen Unternehmen anzufangen, war sicher ein Wagnis. Es wurde aber von Erfolg gekrönt, denn Refrion hat sich seitdem nach Angaben von Daniele Stolfo zu einem der führenden Hersteller von luftgekühlten Verflüssigern und Trockenkühlern auf dem europäischen Markt entwickelt. Die Gruppe produziert an drei Standorten in Norditalien und einem in Österreich. Am Hauptsitz in Flumignano di Talmassons werden Trockenkühler und Verflüssiger gefertigt, im nahe gelegenen Villa Santina entstehen verschiedenste Wärmetauschereinheiten bis zu einer Länge von 13 m. Im österreichischen Hermagor werden kleinere Wärmetauschereinheiten für Anwendungen im Bereich der Lebensmittelkühlung hergestellt. Mit der Firma R.M.S. in Flumignano gehört noch ein Unternehmen zur Gruppe, das sich auf Blechverarbeitung spezialisiert hat – mit Refrion als Hauptkunden, aber es wird auch für andere Kunden auftragsbezogen gefertigt.  Insgesamt sind über 100 Mitarbeiter in der Firmengruppe beschäftigt, 2015 wurde ein Umsatz von ca. 23 Mio. Euro erwirtschaftet, 2016 wird ein Ziel von 25 Mio. Euro anpeilt. Die Zeichen stehen also auf Wachstum. „Wachstum kann aber nur durch Investitionen entstehen“, erläutert Daniele Stolfo im KKA-Gespräch. Und dass dies keine leeren Worthülsen sind, davon kann man sich in den Refrion-Werken überzeugen. In den vergangenen Jahren wurde viel investiert – in Forschung & Entwicklung, aber auch in den Maschinenpark, in Software und Regeltechnik. In diesem Jahr steht als Großinvestition der Neubau eines Labors und F&E-Zentrums an.

Die Firma Refrion ist bislang vor allem anderen Herstellern im Bereich der Wärmetauschertechnik als OEM-Lieferant ein Begriff. Dieses Geschäftsfeld soll nicht vernachlässigt werden, aber künftig will Refrion auch unter eigener Flagge den Markt bearbeiten – vor allem bei Anwendungen, bei denen es um die Rückkühlung von Flüssigkeiten geht. Hierbei will man nicht sofort als Allrounder agieren, sondern zunächst Schlüsselmärkte bearbeiten. Dazu gehören Rechenzentren, Biomasse-Kraftwerke und Anwendungen im Bereich der Prozesstechnik. Im Fokus stehen vor allem Anwendungen, bei denen die Refrion-Geräte anstelle von klassischen Kühlturmanlagen zum Einsatz kommen. Für diese Anwendungen ist ein umfangreiches System-Know-how erforderlich und es bestehen hohe Anforderungen an die Qualität der Produkte, weil in vielen Fällen Ausfälle nicht tolerierbar sind. Dieses systemische Wissen haben sich die Entwicklungsingenieure und Techniker im Unternehmen in den vergangenen Jahren mit viel Akribie erarbeitet und auch die Produktionsbedingungen wurden so optimiert, dass man mit ruhigem Gewissen diese anspruchsvollen Märkte mit ausgereiften Produkten und dem erforderlichen technischen Support bedienen kann.

Refrion mit deutscher GmbH

Dass der deutsche Markt besonders im Fokus liegt, zeigt sich daran, dass Anfang 2015 mit der Refrion Deutschland GmbH eine eigene Vertriebsniederlassung in Deutschland gegründet wurde. General Manager ist Reinhard Grauting, der in den vergangenen Jahrzehnten bei mehreren namhaften Unternehmen der Branche – vor allem im Bereich der Wärmetauschertechnik – ein umfangreiches kältetechnisches Fachwissen erworben hat. Das Verkaufsteam in Deutschland wird derzeit ausgebaut, um den Markt noch intensiver bearbeiten zu können. Refrion arbeitet zudem in Deutschland mit mehreren Partnerfirmen zusammen, die durch regelmäßige Schulungen stets auf dem neuesten Stand der Dinge sind und die andere Anlagenbauer und Endkunden bei Planung, Installation und Inbetriebnahme unterstützen können. Dieser Sachverstand ist bei den meisten Projekten auch dringend erforderlich, weil bei vielen Anwendungen Aspekte wie Hygiene, Korrosion, Ausfallsicherheit und Schallwerte oberste Priorität haben.

Ziel: Null-Fehler-Quote

Damit vor Ort beim Kunden nichts schief läuft, werden die Refrion-Geräte nach höchsten Qualitätsansprüchen gefertigt. Hierfür steht Paolo Tonutti in der Verantwortung, der als General Manager alle vier Werke im Griff hat. Berufserfahrung hat er zuvor u.a. bei einem Zulieferer aus der Automobilindustrie gesammelt. Dort hat er gelernt, was es heißt, mit dem Ziel einer Null-Fehler-Quote zu produzieren. Und diese Erfahrung hat er auf die Wärmetauscher-Produktion übertragen und dort die Kaizen-Philosophie eingeführt. Kaizen ist ein japanisches Managementkonzept, das die schrittweise Verbesserung und Perfektionierung von Prozessen fokussiert. „Man darf nie der Auffassung sein, dass man einen Optimalzustand erreicht hat“, führt er im Gespräch mit der KKA-Redaktion hierzu aus. „Die Prozesse in einem Werk können immer noch weiter optimiert werden und hieran arbeiten wir bei Refrion tagtäglich.“

Produktion von ovalen Kupferrohren

Ein Beispiel hierfür ist die Produktion von Wärmetauschern mit ovalen Kupferrohren. Diese patentierte Technik hat Refrion seit 2005 im Programm und laufend im Detail verbessert. Ovale Rohre kommen vor allem in Trockenkühlern zum Einsatz, in denen der maximale Druck im System 12 bar nicht übersteigt. Bei höheren Drücken kann sich das Ovalrohr verformen und „wird wieder rund. Und rund kann jeder“, wie Paolo Tonutti schmunzelnd erklärt. Der Knackpunkt bei der Herstellung ist die perfekte Verbindung von Kupferrohr und Aluminium-Lamelle bei der mechanischen Expansion – also der Aufweitung des Rohrs in der Lamelle –, ohne dass dabei Beschädigungen entstehen oder der Kontakt verloren geht.  Nach anfänglichem Lehrgeld, das es zu bezahlen galt, hat man die Produktionstechnik über die Jahre immer weiter optimiert. Zu den Optimierungsschritten zählt zum Beispiel eine Reduzierung der Stärke der Alu-Lamelle. Die Lamelle musste in den Anfängen der Produktion noch dicker gewählt werden, da ansonsten bei der Aufweitung des Rohrs Risse entstanden. Das hat man mittlerweile sicher im Griff, so dass die Ovalrohre ihre Vorteile ausspielen können. Hierzu zählt vor allem ein bis zu 40 % geringerer Druckverlust im Wärmetauscher durch den kleineren Querschnitt in der Luftströmungsrichtung, was wiederum zu bis zu 15 % höheren Kühlleistungen führt. Dadurch können die Ventilatoren langsamer und leiser laufen und u.U. kann die Gesamtgröße der Einheit durch Verzicht auf Ventilatoren kleiner gewählt werden. Etwa 85 % der Trockenkühler aus dem Hause Refrion werden derzeit mit Ovalrohr geliefert; den Rest machen Sonderanwendungen mit rundem Kupfer- und Stahlrohr aus. Die Rohre aus rostfreiem Stahl kommen bei der Rückkühlung von aggressiven Flüssigkeiten  zum Einsatz, wenn der Korrosionsschutz besonders gefordert ist. Und diese Produktgruppe soll auch künftig durch weitere Investitionen in der Produktion noch stärker ausgebaut werden.

PAD- und Spraysysteme

Ein wichtiges Geschäftsfeld für Refrion sind Geräte mit adiabatischer Vorkühlung, die durch den Einsatz von Wasser die Lufteintrittstemperatur in den Wärmetauscher senken. Refrion hat hier zwei verschiedene Produktgruppen im Angebot. Zum einen sind dies Trockenkühler oder Kältemittelverflüssiger, bei denen durch Einsatz eines Wassersprühnebels die angesaugte Luft adiabat vorgekühlt wird. Diese liefern, im Gegensatz zur alleinigen Luftkühlung, bei hohen Außentemperaturen die benötigte Rückkühlleistung und steigern die Betriebssicherheit der Gesamtanlage. Diese werden vor allem bei Anwendungen eingesetzt, bei denen sommerliche Spitzenlasten abgefangen werden sollen oder bei denen die Kühlwassertemperaturen bereits im Bereich von Kühlturmanwendungen liegen.

Beim zweiten adiabatischen System befinden sich vor den Lamellen Matten aus biozidgetränktem Hartpapier (sogenannte PADS), die befeuchtet werden. Die neueste Refrion-Entwicklung in diesem Produktsegment ist die „Ecooler“-Baureihe – entwickelt, um dem steigenden Bedarf an Rückkühlern mit erhöhten Kaltwassertemperaturen in Rechenzentren oder Produktionsprozessen gerecht zu werden. Hierbei wird der klassische Trockenkühler durch eine zusätzliche adiabatische Vorkühlung mit integriertem Wasser-Umlaufsystem, EC-Ventilatoren mit großem Durchmesser und elektronischer Regelung optimiert. Der Wasserverbrauch für die Adiabatik wird ebenso minimiert wie der Energieverbrauch der Ventilatoren. Dadurch ergibt sich eine Maximierung des COP-Wertes, die „Freie Kühlung“ wird fast auf das ganze Jahr ausgedehnt.

Bei der Entscheidung für die eine oder andere Lösung sollte der Kunde eine genaue Kosten-Nutzen-Analyse durchführen, denn hierbei spielen mehrere Aspekte eine Rolle, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Mit dem in Bezug auf die Anschaffungskosten günstigeren Spraysystem kann eine maximale Luftfeuchte an den Wärmetauscher-Lamellen von 80 % erreicht werden, das teurere PAD-System kommt auf bis zu 92 % r.F. und hat zudem Vorteile im Bereich der Hygiene, da keine Aerosole gebildet werden – was in der derzeit geführten Diskussion rund um die Legionellenpro­blematik für manche Kunden ausschlaggebend sein könnte. Alle Geräte mit adiabater Vorkühlung entsprechen aber in jedem Fall in der Konstruktion den hygienerelevanten Anforderungen der VDI Richtlinie 2047 Blatt 2 (Sicherstellung des hygienegerechten Betriebes von Verdunstungskühlanlagen). Ein weiterer Vorteil besteht im geringeren Wasserverbrauch bei der Verwendung der Papiermatten (bis zu 75 % weniger im Vergleich zum Spraysystem). Generell benötigt das „Ecooler“-System schon weniger Wasser als eine Spraylösung, zudem wird unterhalb der PADS das Wasser aufgefangen und dem Kreislauf wieder zugeführt. Einmal am Tag wird das Wasser allerdings komplett abgelassen, damit sich im Wasser keine Mikroorganismen anreichern können.

Ein weiterer Aspekt ist die zu verwendende Wasserhärte: Beim PAD-System kann Wasser mit bis zu 14 °dH verwendet werden kann; das Spraysystem verträgt nur Wasser bis maximal 2,2 °dH. Da die PADS verhindern, dass das Wasser direkt mit den Wärmetauscher-Lamellen in Kontakt treten kann, sinkt auch die Gefahr von galvanischer Korrosion. Die PADS haben eine durchschnittliche Lebensdauer von etwa drei Jahren, in Abhängigkeit von Wasserqualität und Umgebungsschmutz, dann sollten sie ausgetauscht werden. Je nach Anwendungsfall muss also unter Berücksichtigung der Investitions- und Betriebskosten genau abgewogen werden, welches System besser geeignet ist.

Apropos Korrosion: In der Produktion von Refrion wird viel dafür getan, die Korrosionsprobleme in den Griff zu bekommen. Dazu gehört an erster Stelle eine sorgfältige Metallbearbeitung unter Vermeidung von offenen Kanten etc. sowie spezielle Werkstoffe und Beschichtungen. Hier spielt Refrion auch den Vorteil aus, dass man mit der zur Gruppe gehörenden Firma R.M.S. die Qualität der eingesetzten Bleche und sonstigen Metalle selbst unter Kontrolle hat.

Die Fertigungsprozesse im Griff, Investitionen in Forschung & Entwicklung, Produkte mit Alleinstellungsmerkmalen und eine klare Vertriebsstrategie – man darf gespannt sein, wie sich Refrion in den kommenden Jahren entwickeln wird.

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