Kältetechnik mit CO2

Integrale Systeme auf dem Vormarsch

Integrale Systeme, welche sämtliche Bedürfnisse des Kunden abdecken, sind zum klaren Markttrend geworden. Der Kunde möchte nicht einen Anbieter für die Heizung, einen anderen für die Lüftung, einen Dritten für die Klimaanlage und noch einen für die Kälte engagieren. Er verlangt das Gesamtpaket und am besten nicht nur von einem Anbieter, sondern auch nur eine einzige Anlage. Dies, um möglichst wenig damit zu tun zu haben und sich leichter aufs Kerngeschäft konzentrieren zu können.

Frigo-Consulting bietet seit 2014 Engineering für solche kompletten Integrallösungen an. Den Kältespezialisten war früh klar, dass die Abwärme, die durch die Kälteerzeugung entsteht, kein Abfallprodukt ist, sondern zur Gebäudeheizung oder zur Brauchwarmwasseraufbereitung gespeichert und eingesetzt werden kann. Die meisten Systeme kamen lange nicht ohne zusätzliche fossile Brennstoffe aus. Die Technik ist jedoch mittlerweile so weit fortgeschritten, dass die zusätzlichen „konventionellen Helfer“ wie Gas- oder Ölbrenner immer weniger eingesetzt werden müssen.

Nicht nur im Retailbereich, sondern auch in großen industriellen Anlagen wird mittlerweile integral gekühlt und geheizt. Reine Integralsysteme sind an sich noch nicht die Innovation, aber reine Integralsysteme, welche mit CO2 funktionieren, zählen derzeit noch zu den Leuchtturmprojekten. Sie geben den Takt vor und lassen uns schon heute ein wenig Zukunftsluft schnuppern. Die Tendenz dieser Projekte ist steigend, allein in den letzten zwei Jahren plante und realisierte Frigo-Consulting für diverse Kunden wie Migros, Coop, Spar, die Schwarz-Gruppe oder Transgourmet mehr als 15 solcher Systeme; weitere mit unterschiedlichen Retailern & Großhändlern befinden sich in der Planungsphase.

Eines dieser Vorzeigeobjekte wurde in Lesznowola, Polen, umgesetzt. Der Großhandelsriese Transgourmet hat im Osten Europas einen 14.500m2 großen Selgros Cash&Carry Markt mit einer Verkaufsfläche von 8.150 m2 gebaut. Das Projekt orientiert sich, was die Gebäudehülle anbelangt, an den aktuellen Umweltstandards: Bei der Kältetechnik wurden alle Kühl- und Tiefkühlmöbel mit Glastüren ausgestattet, Kühl-/Frischezonen mit Kundenverkehr wurden zum Verkaufsraum hin großflächig mit Isolierverglasung geschlossen und mit automatischen Glastüren ausgestattet. Modernste LED-Beleuchtung in den Kühl- / Tiefkühlmöbeln sowie im gesamten Verkaufs-, Logistikbereich und in den Büros dient als energiesparende Lichtquelle. Die Lüftungszentralen sind mit Wärmerückgewinnungs-Wärmetauschern ausgestattet und werden mit reduzierter Frischluftzuführung nach Luftqualitätsmessung betrieben. Das Heizungssystem wurde im Wesentlichen auf Niedertemperaturniveau 42/27 °C dimensioniert. Somit konnte peripher der Energieverbrauch deutlich optimiert werden. 

Durch den Einsatz einer modernen integralen Anlagentechnik, welche für die Kälte-, Klima- und Heiztechnik vollumfänglich mit dem natürlichen Kältemittel CO2 (R744) betrieben wird, konnten die Betriebskosten und die daraus resultierenden CO2-Emissionen im Vergleich zu Systemen mit synthetischen Kältemitteln oder fossilen Brennstoffen deutlich gesenkt werden.

In der Kältetechnik wurden zwei transkritische CO2-Booster-Kälteanlagen mit einer Kälteleistung von gesamthaft 500 kW für die Pluskühlung und 110 kW für die Tiefkühlung eingesetzt. Durch den Einsatz neuester Multi-Ejektor-Technologie (Flüssig/Gas) wird ein teilüberfluteter Verdampfungsprozess der Kühlstellen, und somit die Anhebung der Verdampfungstemperaturen auf –2 °C (Plus-Kühlung) und –26 °C (Tiefkühlung), während 24 h über das ganze Jahr ermöglicht, die Drosselungsenergie des Hochdrucks- auf Mitteldruck rückgewonnen und dadurch die Antriebsleistung der Kompressoren reduziert.

Der nächste Meilenstein in der Entwicklung und Optimierung von integrierten Gebäudesystemen war die Zentralisierung der bisher verteilten Komponenten der Klimaanlage in zwei leistungsstarke Verbundanlagen mit „Full“-CO2-Technologie, um den Kältebedarf der Klimaanlage vollständig zu decken.

Aufgrund entsprechender Konfiguration und zweistufiger Anlagentechnik schalten die Klima-Chiller/reversiblen Wärmepumpen, gestuft, abhängig von Wetterbedingungen und Gebäudeheizbedarf, automatisch in den Wärmepumpenbetrieb um und erzeugen so „grüne“ Wärmeenergie ohne externe fossile Wärmequelle. Es handelt sich um das erste vollständig beheizte Objekt mit einer energieeffizienten Kälte-/Klima-/Wärmequelle und einem ESEERKlima 4,747/Wärmepumpe 4,738 (ESEER = european seasonal energy efficincy of refrigeration equipment) aus einer Energiestation mit vier „Full“-CO2-Kälteanlagen.

Die Energie für den Wärme­pumpenbetrieb von den Syste­men C & D wird mittels zusätzlicher Außenverdampfer, welche in den Gaskühlern der Kältesysteme A & B integriert sind, der Außenluft entzogen. Zusammen erreichen die vier Systeme eine Heizleistung von 850 kW bei Außentemperaturen von –20 °C. Aufgrund der Neuartigkeit solcher Systeme, wurde speziell für diese Region, wo das Thermometer schon mal mehrere Tage unter –20 °C fallen kann, ein Back-Up-System mit 250 kW Heizleistung vorgesehen.

Die Wärmespeicherung für die Beheizung erfolgt über zwei Pufferspeicher 1 x 4.000 l. 42/27 °C (785 kW), 1 x 2.000 l 60/40 °C (64 kW) sowie, für die gesamte Warmwassererzeugung, über einen 3.000-l-Pufferspeicher mit integriertem Hygienemodul-Wärmetauscher 15/60 °C,1.500 l/h (90 kW).

Das Kaltwasser für die Klima­ti­sie­rung wird durch einen Speicher mit 3.000 l 8/14 °C (618 kW) konstant vorgehalten, welches durch die Systeme C & D erzeugt wird.

Neben der peripheren Installation sind die vernetzte Steuerung und das Monitoring ein wesentlicher Bestandteil, welcher bei kleineren Systemen durch eine Kältesteuerung mit GLT-Modul abgedeckt werden kann. Bei Systemen dieser Größe benötigt es eine klassische, freiprogrammierbare Gebäude­leittechniksteuerung mit Schnittstellenprotokoll zur Kältetechnik. 

Das Vorzeigeobjekt in Lesznowola war für Transgourmet mit der Unterstützung von Frigo-Consulting eine Station auf dem Weg zum Unternehmensziel: Die Central and Eastern Europe (CEE) Transgourmet Group hat die strategische Entscheidung getroffen, alle Neu- und Umbauten ihrer Cash&Carry-Märkte ausschließlich mit modernster Technologie und integraler CO2-Kälte zu realisieren. Um diese Ziele kontrolliert zu erreichen, wurden für sämtlichen Anlagen Benchmarkingwerte bereits bei der Konzipierung festgelegt (Kältetechnik: 747.000 kWhel Jahresverbrauch, bedeutet ein Benchmark von 1.800 kWh/m*a und ist so mit allen Standorten von Transgourmet vergleichbar). Nebst dem Großmarkt in Lesznowola hat die Transgourmet-Gruppe auch weitere Industrieprojekte, welche ebenfalls mit integralen Lösungen funktionieren, umgesetzt oder ist daran, diese zu realisieren. 

Eines dieser Projekte, das Distributionszentrum in Hamburg, wurde in der Ausgabe 4/2018 der KKA (http://t1p.de/ifmb) beleuchtet. Dort, wird ein 20.000 m2 großes Gebäude mit einem integralen System bedient. Das nächst größere Projekt wird derzeit in der Umgebung von Köln geplant: eine > 3-MW-Anlage, welche einem Gebäude dient, das als Dreh- und Angelpunkt von Warenzulieferung von mehreren Cash&Carry-Märkten und Wiederverkäufern in der Region Mitteldeutschland fungiert.

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